Sitzungsperiode 2020-2021
Sitzung des Ausschusses II vom 6. Oktober 2020
Aktuelle Frage von unserem Fraktionsvorsitzenden Gregor FRECHES an Ministerin Isabelle WEYKMANS zu den Ausgrabungen in St. Vith – Kulturerbe großer Bruder des Büchelturms
Der Büchelturm hat einen großen Bruder!
Bei Grabungen im Rahmen des Baus einer Residenz „Zur Burg“ in St.Vith wurden Mitte Juni 2020 Teile der alten Ringmauer entdeckt. Der Baubeginn einer 33 Wohnungen zählenden Residenz nahe des Messezentrums Triangel brachte Teile einer mittelalterlichen Mauer ans Tageslicht.
Eine Bürgerbewegung gab den entscheidenden Hinweis, sodass der archäologische Dienst der Deutschsprachigen Gemeinschaft das Dürener Unternehmen Goldschmidt-Archäologie mit Dr. Wolfgang Messerschmidt beauftragte, die Arbeit aufzunehmen und nach Spuren zu forschen.
Dr. Wolfgang Messerschmidt zeigte sich auch am dritten und letzten Tag der Sondierungsgrabungen begeistert: „Solch einen Fund machen wir nicht alle Tage. Mit diesen Erkenntnissen können wir mit Sicherheit etwas mehr Licht ins Dunkel der Stadtgeschichte bringen.“
Dr. Wolfgang Messerschmidt glaubt sogar, dass die Funde deutlich älteren Ursprungs als der Büchelturm sind. „Hier in der direkten Umgebung muss die Burg gestanden haben. Anders lässt sich der Flurname nicht erklären. Die unmittelbar angrenzende Ringmauer schützte somit zunächst die Burg und dann die etwas weiter entfernt liegende Pfarrkirche. Der Büchelturm steht an der entgegengesetzten Seite dieser Ringmauer und ist auch kleiner als der hier auf dem Sondierungsgelände entdeckte angedeutete Rundturm. Das deutet darauf hin, dass dieser Turm von beiden der ältere ist“, so Messerschmidt. Wie es
mit dem historischen Fund weitergeht, entzieht sich dem Wissen der Archäologen. „Wir sind nur hier, um alles zu sichten und eine Expertise abzugeben. Die politisch Verantwortlichen von Gemeinde, DG und auch die Bauherren müssen sich jetzt an einen Tisch setzen, um nach Lösungen zu suchen“, meinte der diplomierte Archäologe.
Seitdem sind einige Wochen vergangen und die Bürgerinitiative hat sich in einer Petition an die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft und an die Stadt St. Vith gewandt – so wurde uns berichtet.
In ihrem Schreiben möchte die Bürgerinitiative das Areal unter Schutz zu stellen. Meine Fragen nun an Sie werte Frau Ministerin:
- Wie lautet der aktuelle Stand der Akte?
- Wie schätzen Sie die Möglichkeit ein dieses Areal unter Denkmalschutz zu stellen?
Antwort der Ministerin:
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
Werte Kolleginnen und Kollegen,
zunächst einige Fakten: In der Tat habe ich die Sondierungsgrabungen veranlasst. Diese haben zwischen dem 15. und dem 17. Juni stattgefunden. Sie dienten dazu, das archäologische Potenzial der Parzelle besser einschätzen zu können.
Eine Reihe von Indizien deuteten darauf hin, dass archäologische Funde zu erwarten waren. So konnte der Archäologische Dienst auf alten Katasterplänen, so wie in literarischen Quellen, die Existenz eines runden Objekts entdecken. Natürlich ist auch die Flurbezeichnung als Hinweis zu deuten.
Die Ergebnisse dieser ersten Sondierungsgrabungen waren recht vielversprechend. So wurden mehrere vermutete mittelalterliche Mauerstrukturen ans Licht gebracht. Die Datierung der Befunde bleibt allerdings noch eine Hypothese, da weder eine ablesbare Stratigrafie noch datierbares Material (z. B. Keramik, Knochen…) gefunden wurden. Die von Dr. Messerschmidt avancierte Hypothese der Datierung stützt sich auf die wenigen schriftlichen Quellen und auf einen Vergleich mit dem Büschelturm.
Aufgrund dieser vielversprechenden Befunde habe ich veranlasst, dass umfangreichere und weiterführende Grabungen vorgenommen werden.
Nach einer öffentlichen Ausschreibung wurde das Unternehmen „Goldschmidt Archäologie“ mit dieser Aufgabe betraut. Aller Voraussicht nach werden die Arbeiten am 19. Oktober beginnen und 4 Wochen andauern.
Ziel dieser Maßnahme ist es, die Parzelle gründlich zu erforschen, die Fortsetzung der mittelalterlichen Strukturen, die Existenz einer befestigten Wohnanlage und das Vorhandsein eines Wassergrabens zu bestätigen. Auch hoffen wir, datierbares Material zu bergen.
All diese Maßnahmen sollen ein objektives Bild der historisch-archäologischen Wichtigkeit der Funde zeichnen. Und auf Grundlage dieser Ergebnisse werden dann die weiteren Schritte wie eine etwaige Unterschutzstellung geplant und umgesetzt werden können.