Rede zum Dekretentwurf über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union
Eupen, den 25.11.2019
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrte Frau Ministerin,
Sehr geehrte Herrn Minister,
Sehr geehrte Damen und Herrn Abgeordnete,
Meine Stellungnahme erfolgt im Namen der 3 Mehrheitsfraktionen.
„Wer nicht redet, wird nicht gehört.“ Zitat von Helmut Schmidt
Heute gilt es einen Dekretentwurf zu verabschieden, der sich mit der Umsetzung der EU Richtlinie 2017/1852 des Rates vom 10.10.2017 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union, befasst.
Zur Vorbereitung dieses Redebeitrages, stellte sich mir unweigerlich die Frage:
Was ist eigentlich ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)?
In einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist geregelt, wo und wie das Einkommen zu versteuern ist, wenn die Tätigkeit in einem ausländischen Staat ausgeübt wird.
Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung hat Belgien mit einer grossen Anzahl von Staaten solche Abkommen abgeschlossen.
Belgien will mit seinem Steuerrecht sowohl die doppelte Besteuerung wie die doppelte Nichtbesteuerung von Personen und Unternehmen vermeiden.
Jeder hat seinen fairen Anteil an Steuern zu zahlen – und zwar dort, wo er ansässig ist oder dort wo er seine wirtschaftliche Aktivität ausübt.
Doppelbesteuerungsabkommen verteilen Besteuerungsrechte zwischen den Staaten, d.h. sie lassen keinen Steueranspruch entstehen, sondern weisen bei bestehenden konkurrierenden Steueransprüchen zwischen verschiedenen Staaten das Besteuerungsrecht nur einem der beteiligten Staaten zu, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Befasst man sich etwas eingängiger mit dem Amtsblatt der EU zu dieser Richtline, so kann man dort folgende Ergänzungen, die einwandfrei zu einem verbesserten Verständnis führen können, lesen:
- Der Einführung eines wirksamen und effizienten Rechtsrahmens für die Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten, der für Rechtssicherheit und ein unternehmensfreundliches Investitionsumfeld sorgt, kommt daher entscheidende Bedeutung für die Schaffung fairer und effizienter Steuersysteme in der Union zu.
- Die Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten sollten auch einen harmonisierten und transparenten Rahmen für die Beilegung von Streitigkeiten schaffen und auf diese Weise allen Steuerpflichtigen Vorteile bringen.
- Die Beilegung der Streitigkeiten sollte für die unterschiedliche Auslegung und Anwendung der bilateralen Steuerabkommen und des Übereinkommens der Union über die Beseitigung der Doppelbesteuerung gelten, und zwar insbesondere für die unterschiedliche Auslegung und Anwendung, die zur Doppelbesteuerung führt.
Dies sollte mittels eines Verfahrens erreicht werden, in dem in einem ersten Schritt die Steuerbehörden der betroffenen Mitgliedstaaten mit dem Fall befasst werden, damit sie die Streitigkeit in einem Verständigungsverfahren beilegen können.
Die Mitgliedstaaten sollten dazu ermutigt werden, während der Schlussphasen des Zeitraums des Verständigungsverfahrens nicht verbindliche alternative Streitbeilegungsverfahren wie Mediations- oder Schlichtungsverfahren zu nutzen.
Das so verbesserte Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten sollte auf Systemen basieren, die bereits in der Union existieren, einschließlich des Übereinkommens der Union über die Beseitigung der Doppelbesteuerung.
Der Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie sollte jedoch über denjenigen des Übereinkommens der Union über die Beseitigung der Doppelbesteuerung hinausgehen, der sich auf Streitigkeiten über Verrechnungspreise und über die Zuweisung von Gewinnen an Betriebsstätten beschränkt.
Die vorliegende Richtlinie sollte für alle Steuerpflichtigen gelten, die Einkommen und Vermögen zu versteuern haben, die unter bilaterale Steuerabkommen und das Übereinkommen der Union über die Beseitigung der Doppelbesteuerung fallen.
Gleichzeitig sollten Einzelpersonen, Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen beim Rückgriff auf Streitbeilegungsverfahren einen geringeren Verwaltungsaufwand haben.
Darüber hinaus sollte die Streitbeilegungsphase ausgestaltet werden.
So ist es insbesondere erforderlich, eine Frist für die Dauer der Verfahren zur Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten sowie die Bedingungen des Streitbeilegungsverfahrens für die Steuerpflichtigen festzulegen.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Allessamt wichtige Aspekte, die uns dazu führen sollten, diese Richtline als sinnvoll zu betrachten – als sinnvoll für eine gerechtere Besteuerung.
Hier geht es nicht nur um die Rechte von Privatpersonen, sondern u.a. auch um die Wahrung der Rechte besonders für kleinere und mittlere Unternehmen.
Es bleibt noch zu bemerken, dass das vorliegende Dekret mit Wirkung vom 1.7.2019 in Kraft tritt, und zwar für Streitigkeiten über Einkommen oder Vermögen, die in einem Steuerjahr erzielt wurden, das am oder nach dem 1.1.2018 beginnt.
Alle anwesenden Mitglieder dieses Hauses, die sich für eine gerechtere Steuerverteilung in diesem Parlament stark machen, sollten bei der Verabschiedung dieses Dekretes mit JA zustimmen.
Wer sich jedoch der Stimme enthält oder gar mit NEIN abstimmt, ist eindeutig ein GEGNER einer gerechteren Steuerpolitik.
Ich danke Ihnen für ihre geschätzte Aufmerksamkeit,
Im Namen der Mehrheitsfraktionen ProDG, SP und PFF
Gregor FRECHES – Fraktionsvorsitzender der PFF