Aktuelle Frage von unserem Fraktionsvorsitzenden Herrn Gregor FRECHES bezüglich der Auswirkungen des Facharbeitermangels auf dringende Sanierungsarbeiten an öffentlichen Gebäuden
Kaputte Schulklassen, Wasserschäden, Schimmel – Ferienzeit ist bekanntlich Sanierungszeit in der Schulwelt.
Doch immer häufiger geraten geplante Schulsanierungen (bzw. Renovierungsarbeiten an öffentlichen Gebäuden im Allgemeinen) durch den akuten Fachkräftemangel, allen voran dem Handwerkermangel, ins Stocken. Eine Reportage des WDR2 vom 19. August 2019 untermauerte – im wahrsten Sinne des Wortes – diesen Aspekt und befasste sich u.A. mit der Problematik der Schulsanierungen im Westen Deutschlands.
Dieser hochinteressante Bericht zeigte auf, dass die Suche nach qualifizierten Handwerkern und ausreichendem Fachpersonal (insbesondere im Planungsbereich der Verwaltung) sich als immer schwieriger gestalte. Kurz gefasst: die Handwerkskapazitäten würden immer gefährlicher an ihr Limit stoßen. Schuld an der brenzligen Lage seien ebenfalls der „große Formalismus“ und die Komplexität der Antragsverfahren, die die Betriebe davon abhalten würden, bei der öffentlichen Hand Angebote abzugeben.
Dass dringend nötige Sanierungsfälle nicht an der Bürokratie scheitern dürfen, dürfte uns allen klar sein.
Da der Westen Deutschlands nur einen Sprung vom Osten Belgiens entfernt ist und die gute Baukonjonktur sich direkt auf die Planung und die Umsetzung angedachter Sanierungsmaßnahmen auswirkt, möchte ich mit meiner heutigen Frage den diesbezüglichen Stand der Dinge in Ostbelgien in Erfahrung bringen.
In diesem Zusammenhang stellen sich mir die folgenden Fragen:
- Wie wirkt sich der Handwerkermangel auf die Ausführung von Sanierungsmaßnahmen, dringender Reparatur – oder Unterhaltsarbeiten an öffentlichen Gebäuden bei uns in Ostbelgien aus?
- Wie ist die Resonanz der ostbelgischen Betriebe bezüglich öffentlicher Ausschreibungen im Bereich öffentlicher Infrastrukturprojekte?
- Liegen alle angedachten Sanierungsarbeiten an öffentlichen Gebäuden derzeit im Zeitplan?
Antwort des Ministerpräsidenten:
Ich kann Ihnen bestätigen, dass ich die Reportage des WDR ebenfalls gesehen habe…
Und ich bestätige Ihnen, dass wir – ähnlich wie unser Nachbarland – seit Jahren unter einem zunehmenden Fachkräftemangel leiden, sowohl in der privaten Wirtschaft als auch in öffentlichen Verwaltungen.
In der letzten Legislaturperiode hat eine Studie nachgewiesen, dass 89 Prozent der ostbelgischen Schwierigkeiten bei der Suche nach geeignetem Personal beklagen. Davon ist auch der Bausektor betroffen.
Deshalb haben wir in der DG bereits zahlreiche Initiativen zur Fachkräftesicherung ergriffen. Ich denke da beispielsweise an die Verbesserungen in der Bildungspolitik, unsere beschäftigungspolitischen Reformen, die millionenschweren Investitionen in die Lebensqualität oder auch an die Einführung der Standortmarke Ostbelgien.
Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen, vielleicht sogar die größte Herausforderung für den Standort Ostbelgien. Ich werde deshalb in der anstehenden Regierungserklärung ausführlich auf dieses Thema eingehen.
Die Auswirkungen des Fachkräftemangels auf die Sanierung von Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden der DG sind jedoch bei uns zum Glück weniger dramatisch als in NRW.
Bislang ist die Resonanz bei Ausschreibungen in der Regel ausreichend groß, um mehrere Angebote miteinander vergleichen zu können.
Das mag unter anderem daran liegen, dass das Vergaberecht häufig eine belgienweite, manchmal sogar eine europaweite öffentliche Ausschreibung vorschreibt. Uns ist kein Fall bekannt, in dem eine Sanierungsmaßnahme oder dringende Reparatur an einem Gebäude der DG wegen des Fachkräftemangels nicht hätte durchgeführt werden können.
– Wie ist die Resonanz der ostbelgischen Betriebe bezüglich öffentlicher Ausschreibungen im Bereich öffentlicher Infrastrukturprojekte?
Diplomatisch ausgedrückt: da gibt es Luft nach oben.
Warum einige regionale Unternehmen nicht an öffentliche Ausschreibungen teilnehmen, kann man nur vermuten.
Aus meinen Kontakten mit ostbelgischen Unternehmern weiß ich, dass die Komplexität des öffentlichen Vergaberechs tatsächlich ein Grund dafür ist.
Nicht jeder Handwerker verfügt über eine Angebotsabteilung und oftmals führt nur jedes 5. Angebot tatsächlich auch zum Auftrag. Kleinere Betriebe schrecken vor diesem hohen Aufwand zurück.
Zudem sind die Zahlungsfristen gesetzlich geregelt und manchmal uninteressanter als bei privaten Aufträgen.
Ich erinnere daran, dass das öffentliche Vergaberecht nicht in unserem Zuständigkeitsbereich liegt. Diese Regeln kann nur der Föderalstaat abändern.
Sie gelten für ganz Belgien. Wobei ich betonen möchte, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft eine gute Zahlungsmoral an den Tag legt und versucht, die gesetzlichen Fristen nicht auszureizen.
– Liegen alle angedachten Sanierungsarbeiten an öffentlichen Gebäuden derzeit im Zeitplan?
Ja, unsere Sanierungsarbeiten folgen im Grunde dem Infrastrukturplan.
Es gibt sicherlich Positionen, die Aufgrund von Dringlichkeiten umdisponiert werden müssen; selten werden Projekte verschoben. Wir widmen uns neuerdings diesem Thema, indem wir die Bauteile nach dem Lebenszyklus beurteilen und erneuern, um nicht zu warten bis es durchregnet. Kein Geheimnis ist allerdings die Steigerung der Kosten für die Haushaltsposition der diversen Wartungsarbeiten (Programm 01-72.10 / 07-72.10 / 15-72.10), die Aufgrund der Zunahme des Bedarfes bereits erhöht werden mussten. (Vor einigen Jahren 100.000€ je Zuweisung, jetzt 150.000€)