Sitzung des Ausschusses III vom 14. Februar 2019
Frage von unserem Fraktionsvorsitzenden Gregor FRECHES zum Interreg EUR.Friends Projekt und zur euregionalen Mobilität in der Aus- und Weiterbildung
Das Bildungsportal der Deutschsprachigen Gemeinschaft informiert uns in regelmäßigen Abständen über aktuelle Nachrichten aus allen Bereichen der facettenreichen Bildungslandschaft. So erreichte uns am 5. Februar 2019 eine pädagogische Mitteilung zum Interreg-Projekt www.EUR.Friends.
Die Zusammenarbeit in der Euregio Maas-Rhein hat einen nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen Einfluss. Zahlreiche Interreg-Projekte zielen auf eine Stärkung des euregionalen Arbeitsmarktes ab. Dazu gehört mit Sicherheit auch das Projekt www.EUR.Friends, wie folgender Auszug aus der Projektbeschreibung verdeutlicht: „Das Interreg-Projekt www.EUR.Friends fördert die Mobilität und die Mehrsprachigkeit von Schülern des technisch-beruflichen Unterrichts ab 16 Jahren. Schreinerei, Buchhaltung, Sprachen, Frisörhandwerk, Horeca, …. ‒ alle technischen und beruflichen Abteilungen können teilnehmen.“
Grenzüberschreitende Praktika in Unternehmen sind eine Herangehensweise, die wir Liberale nur begrüßen können. Sie öffnen den Horizont und bringen wertvolle berufliche, sprachliche und kulturelle Erfahrungen.
Vor diesem Hintergrund habe ich folgende Fragen:
- Inwiefern ist die Deutschsprachige Gemeinschaft in dieses Interreg-Projekt involviert und wie sieht die Evaluierung des Projekts aus?
- Der Auftrag des IAWM wird in Artikel 16 des Dekrets vom 16. Dezember 1991 über die Aus- und Weiterbildung im Mittelstand und in kleinen und mittleren Unternehmen präzise definiert. Eine seiner Aufgaben ist es, die Zusammenarbeit mit ausländischen Einrichtungen und Organisationen, die sich der beruflichen Aus- und Weiterbildung widmen, zu fördern. Wie sieht die euregionale Mobilität in der dualen Ausbildung aus?
Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre geschätzte Antwort!
Antwort des Ministers:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Werte Kolleginnen und Kollegen,
die Regierung hat die Teilnahme der Deutschsprachigen Gemeinschaft an dem Interreg V-A Projekt „www.EUR.Friends“ am 14.04.2016 genehmigt und mich mit der Durchführung des Projekts beauftragt.
Es ergeben sich für den Haushalt der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ausgaben in Höhe von 236.263 Euro für das gesamte Projekt, verteilt auf die Jahre 2017, 2018 und 2019.
Damit werden einerseits die Personalkosten für eine Ganztagsstelle zur Projektkoordination und andererseits die Schülermobilitäten finanziert, wobei INTERREG der DG 50 % der entstandenen Kosten zurückerstatten wird.
Die Deutschsprachige Gemeinschaft beteiligt sich an allen drei Aktivitäten des Projekts, nämlich:
- an der Vermittlung euregionaler Praktika in Unternehmen (für Schüler aus dem technischen und berufsbildenden Unterricht und der dualen Ausbildung bzw. Arbeitssuchende)
- an der Entwicklung einer App für die Praktika und 12 E-Learning-Module „Sprachen und Kulturen“
- und an der Entwicklung einer digitalen Medienplattform für Jugendliche in der EMR
Vorwiegend ist die DG jedoch in dem Bereich „euregionale Praktika in Unternehmen“ involviert.
Es bestehen 75 Praktikumsstellen für Schüler in Unternehmen der Euregio.
Das Praktikum soll in einer der Fremdsprachen Französisch oder Niederländisch erfolgen.
Jedem Schüler werden bis zu 500€ zur Verfügung gestellt, um Übernachtungen und Fahrten zu finanzieren.
Zum aktuellen Zeitpunkt haben 10 Schüler ein Praktikum in einem Betrieb der Euregio gemacht, 4 weitere werden in den kommenden Wochen ein Praktikum absolvieren.
Das Haus der Sprachen, das das Interreg-Projekt koordiniert, teilte uns mit, dass im Mai 30 weitere Schüler eine Betriebserkundung durchführen werden.
Alle Praktika, die bereits stattgefunden haben oder noch in diesem Schuljahr geplant sind, betreffen Betriebe in der Französischen Gemeinschaft.
Die Projektdauer wird auf Anfrage der Partnerregionen um 6 Monate verlängert werden (Ende: September 2020), sodass jede Region bis dahin Zeit hat, die vorgesehene Anzahl Praktika zu erreichen.
Zu Beginn des Projekts waren die Praktikumsplätze schwer zu besetzen, da die Schulen wenig Interesse zeigten.
Zurzeit gehen jedoch vermehrt Anfragen ein, sodass die DG das Ziel der 75 durchgeführten Praktika bis September 2020 voraussichtlich erreichen wird.
Nach Abschluss des Projekts (also nach September 2020) wird ein externer Prüfer mit der Evaluation des gesamten Projektes beauftragt.
In der dualen Ausbildung spielt die euregionale und europäische Mobilität im Rahmen der grenzüberschreitenden Lehrlingsausbildung eine wichtige Rolle.
Diese eröffnet Bildungschancen und Berufsperspektiven und dient gleichzeitig der Fachkräftesicherung der Unternehmen.
Dank beispielsweise der Bidiplomierung erhalten die Auszubildenden das belgische und ein deutsches Gesellenzeugnis nach bestandener Gesellenprüfung im Heimatland verbunden mit eventuell zu leistenden Zusatzmodulen oder in den meisten Fällen zwei- bis vierwöchigen Praktika der Jugendlichen im Partnerland.
Abkommen zu Bidiplomierungen konnte die Deutschsprachige Gemeinschaft mit der Handwerkskammer Aachen sowie mit der Industrie- und Handelskammer Aachen für folgende Ausbildungen vereinbaren und unterzeichnen:
- HWK Aachen: Frisöre und Kfz-Mechatroniker
- IHK Aachen: Einzelhändler; Kaufmann/-frau für Spedition und Logistikdienstleistung bzw. Speditionskaufmann/-frau.
- HWK Trier (nicht euregional): Möbelschreiner
Die euregionale Mobilität ist in der dualen Ausbildung aber nicht nur im Rahmen der Bidiplomierung etablierte Praxis, sondern ermöglicht den Auszubildenden auch, Kurse in gleichgestellten beruflichen Ausbildungszentren zu besuchen.
Werden keine geeigneten Kurse in der Deutschsprachigen Gemeinschaft angeboten, entsendet das IAWM die Auszubildenden zu einem anderen Organisator von Kursen. Dies ist meist in Nischenberufen der Fall, die in Ostbelgien keine eigene Klassenstärke erreichen (Orgelbauer, Techniker in Bild und Ton, Produktionsfachkraft Chemie, Verfahrensmechaniker, Optiker, IT-Fachmann, Zahntechniker, …).
Im Sinne einer fachgerechten Ausbildung der Jugendlichen arbeitet das IAWM mit zahlreichen Partnerinstitutionen zusammen, z.B. mit dem IFAPME in Verviers, Lüttich oder Namur, mit deutschen euregionalen Berufskollegs in Aachen und Stolberg, aber darüber hinaus auch mit Ausbildungszentren in Köln, Ludwigsburg, Trier und Bitburg.
Die beiden ZAWM sind zudem an grenzüberschreitenden Projekten beteiligt.
Im euregionalen Kontext kann das ZAWM Eupen aktuell zwei Interreg-Projekte beisteuern:
- Das Projekt Garage 4.0, das unter der Leitung von der ZAWM Eupen seit 2017 in der Euregio Maas-Rhein läuft.
Übergeordnetes Ziel des Projektes ist es, Unternehmen (KMU) und Fachkräfte des Kfz- Gewerbes dabei zu unterstützen, sich auf den Einsatz von WEB 4.0 im Kfz-Gewerbe vorzubereiten und alternative Antriebe mit Schwerpunkt Elektromobilität sowie neue Innovationsgebiete der Fahrzeugtechnik für sich zu nutzen.
- Im April startet ein neues Projekt „Energie 4.4“ mit Partnern in der Großregion. Projektkoordinator ist das Balthasar-Neumann-Technikum Trier.
Hier sollten auch die Mobilitätsprojekte des ZAWM Eupen Erwähnung finden, die über den euregionalen Kontext hinausgehen:
- Lehrlingsmobilität in Europa im Rahmen von Erasmus+: Hier finden ca. 45 Mobilitäten von Lehrlingen alle zwei Jahre statt.
Die Lehrlinge absolvieren zweiwöchige Praktika in europäischen Betrieben. Die Kfz-Lehrlinge bspw. in Köln im Rahmen der Bi-Diplomierung, die Q50-Lehrlinge in Unna (organisiert über die Partnerschule « Hansa Berufskolleg Unna »). Andere Mobilitäten für dieses Schuljahr des ZAWM Eupen finden außerdem in Südtirol (zwei Maurer), und Mallorca (Heizungsinstallateur) statt. In der Vergangenheit sind auch Bäcker nach Österreich bzw. Hamburg gefahren.
- Innerhalb des Projektes zur Lehrlingsmobilität werden auch 2-3 Mobilitäten für Lehrer angefragt, damit diese an Weiterbildungen in Europa teilnehmen können.
- Projekt « Neue Lernmethoden gemeinsam erarbeiten »:
Eine Fachlehrerin hat ein Projekt für die Lehrer und Lehrlinge der grünen Berufe organisiert. Teilnehmende Partner kommen aus folgenden Ländern: Slowenien, Deutschland, Lettland, Luxemburg und Belgien.
In diesem Rahmen waren vor zwei Wochen Teilnehmer am ZAWM, die einen Seilkletterkurs absolviert haben.
Das ZAWM St.Vith ist weniger in der Euregio, dafür mehr in der Großregion tätig. An dieser Stelle möchte ich daher auch folgende Projekte und Kooperationen des ZAWM St. Vith nicht unerwähnt lassen:
- INTERREG Va – SESAM mit den Themen Mehrsprachigkeit, Interkulturalität und
Berufsorientierung
- ERASMUS+ Mobilitätsmaßnahmen im Saarland
- Zusammenarbeit mit der HWK Trier in der Weiterbildung
- Zusammenarbeit mit „Maison des langues“ – Praktika zur Förderung der französischen Sprachkenntnisse
- Zusammenarbeit mit verschiedenen CTA (centre de technologie avancée) in der Wallonie (Großregion)
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Zur Info:
Mit folgenden Ausbildungszentren gibt es eine Kooperation seitens des IAWM:
- Albert-Dürer-Schule Düsseldorf
- Berufsbildende Schule für Gewerbe und Technik (BBS GuT) Trier
- Berufskolleg für Gestaltung und Technik Aachen
- Berufskolleg Humboldtstraße Köln
- Berufskolleg Jülich Jülich
- Berufskolleg Kartäuserwall Köln
- Berufskolleg Rheinbach Rheinbach
- Berufskolleg Simmerath/Stolberg Simmerath/Stolberg
- Centre de Formation de la Facture d’Orgues Eschau
- Georg-Simon-Ohm-Berufskolleg Köln
- Goldenberg Berufskolleg Hürth
- Käthe-Kollwitz-Schule Aachen
- Mies-van-der-Rohe Schule Aachen
- Oscar-Walcker-Schule Ludwigsburg
- Rheinisch-Westfälische Schule (Schule für Gehörgeschädigte und Gehörlose) Essen
- Theobald-Simon-Schule Bitburg
Replik von G. FRECHES
Ich danke Ihnen für die ausführliche Antwort, Herr Minister! Sie zeigt, wie wichtig es ist, in einer Grenzregion Synergien zu schaffen! Diese Synergien schafft die Deutschsprachige Gemeinschaft auf mehreren Ebenen: in der Großregion, in der Euregio, bei Interreg-Projekten, …
Es freut mich auch zu hören, dass wir bis September 2020 an die Zahl von 75 Praktika kommen werden. Interessant wird das Ergebnis der Evaluation sein, wenn wir erfahren, in welchen Bereichen diese Praktika absolviert wurden. Dies wird zeigen, wie das Interesse schwerpunktmäßig gelagert war.