Politikerinnen und Politiker sprechen gerne und häufig von den Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Neben den Chancen und Mehrwerten, welche die Digitalisierung zweifelsohne mit sich bringt, hat diese auch den politischen Diskurs stark beeinflusst und verändert.
Informationen lassen sich heute über Internetauftritte und soziale Medien rasend schnell und weiträumig verbreiten. Eine kritische Prüfung findet häufig nicht statt und so steht der Rezipient einer wahren Informationsflut gegenüber. Vor allem gut aufbereitete Informationen erwecken schnell einen seriösen Eindruck und werden selten kritisch hinterfragt. Bewusste Desinformation sowie die Verbreitung von Fake News und Halbwahrheiten gibt es nicht nur in Moskau, Washington, Brüssel oder Berlin, sondern global und somit leider auch in Ostbelgien.
Aus meiner Sicht gehört die Debatte unter Politikern nicht in Leserbriefspalten oder anonym in Internetblogs, sondern bevorzugt in die Parlamente. Ich verstehe unser Parlament als einen Ort der Begegnung. Dort begegnen sich täglich verschiedene Meinungen und Positionen. Es ist teil der parlamentarischen Debattenkultur, dass diese Diskussionen und verbalen Streitigkeiten im Parlament ausgetragen werden. Parlamente vertragen nicht nur Streit, sie brauchen den Streit und das Ringen um die beste Lösung.
Politiker und Parteien haben sowohl am Rednerpult, als auch an der Tastatur die Pflicht, sich an Fakten zu halten. In den kommenden Monaten werben erneut zahlreiche Kandidatinnen und Kandidaten um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler. Wer dieses Vertrauen mit Füßen tritt, indem er Fakten verdreht und Fake News verbreitet, der schürt Misstrauen und fördert eine wachsende Entfremdung zwischen Politik und Bürger.
Ich bin davon überzeugt, dass Bürgerbeteiligungsprozesse ein entscheidendes Instrument für bürgernähere Politik sind. Ich hoffe daher, dass wir in den kommenden Wochen fraktionsübergreifend ein gemeinsames Konzept für eine institutionalisierte Bürgerbeteiligung verabschieden können.
Alexander Miesen
Parlamentspräsident