Derzeit werden in den DG-Gemeinderäten die Abrechnungen des Jahres 2014 verabschiedet. In nicht wenigen Gemeinden werden dabei Überschüsse in Millionenhöhe festgestellt. Angesichts der SEC2010 Buchhaltungsnormen, die die Gemeinden zukünftig anwenden müssen, wird sich das Finanzbild der Kommunen jedoch zukünftig drastig ändern, so der Gemeinschaftssenator Alexander MIESEN in der Plenarsitzung von Montag, den 18. Mai 2015.
Im Rahmen des EU-Fiskalpakts sind für Belgien deutliche Finanzpolitische Verpflichtungen zugekommen, welche auf die Gemeinschaften, Regionen und Kommunen herunter gebrochen werden. Die Finanzen der DG- Kommunen gehören zum Konsolidierungsparameter der DG, welche ihre Finanzziele gegenüber dem Föderalstaat einhalten muss.
« Es bedürfe also zukünftig Absprachen und Regeln unter den Kommunen selbst sowie zwischen Gemeinden und Gemeinschaft um diese Ziele einhalten zu können, vor allem wenn es um das Abstecken von Defiziten und Investitionen geht », so Alexander MIESEN.
Vor diesem Hintergrund stellte er der Ministerin, Frau Isabelle WEYKMANS, in der Sitzung vom 18. Mai 2015, die Frage nach der praktischen Umsetzung dieser Regeln sowie nach den möglicherweise schon bestehenden Absprachen der DG mit den Kommunen.
Im Folgenden die Antwort der Ministerin Frau Isabelle WEYKMANS:
Sehr geehrter Herr Präsident,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
um es gleich vorweg zu nehmen, die SEC-Normen sind keine Neuerfindung der letzten oder jetzigen EU-Kommission. Das Zusammentragen von vergleichbarem Zahlenmaterial war bereits 1953 Thema der Europäischen Union für Kohle und Stahl. Dies mündete 1958 in einem gemeinsamen statistischen Dienst, aus dem dann EUROSTAT hervorging. Seit Ende der sechziger Jahre wurde an einem „Europäischem System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung“ gearbeitet, abgekürzt ESVG. So heißt dann auch die deutsche Übersetzung für „Système Européén de comptes économiques intégrés“ abgekürzt SEC. Nacheinander hat es die Normen SEC 1970, SEC 1979, SEC 1995 und jetzt SEC 2010 gegeben.
Das Ursprungsziel ist immer dasselbe geblieben, nämlich über vergleichbare statistische Angaben der verschiedenen Mitgliedsstaaten zu verfügen. Durch die im Maastricht-Vertrag von 1992 festgelegten Konvergenzkriterien über die Haushaltsdefizite der Mitgliedsstaaten bekam die SEC Norm eine neue, eine zusätzliche Dimension. Es ging darum, die Möglichkeit der Vergleichbarkeit der Staatsdefizite oder ihrer Haushaltsresultate zu vergleichen und zu prüfen, ob die vereinbarten EU-Kriterien eingehalten wurden (SEC 95).
Im Grunde sind die SEC-Normen bereits ab 1992 auch für die lokalen Behörden anwendbar. Das ICN (Institut des Comptes Nationaux) teilt EUROSTAT das Zahlenmaterial mit. Die Auflagen an EUROSTAT wurden aber im Laufe der Jahre immer größer, und schließlich erhielt EUROSTAT 2005 den Auftrag, die von den Mitgliedsstaaten mitgeteilten Zahlen vor Ort zu überprüfen. Nach der Eurokrise wurde der Aufgabenbereich von EUROSTAT nochmals verstärkt (Stabilitätspakt, Six Pack Two pack).
Was die lokalen Behörden angeht, überprüft Eurostat, dass die Buchhaltung der lokalen Behörden so genau bzw. detailliert ist, dass diese ohne weiteres umgerechnet werden können nach SEC. Das bedeutet aber nicht, dass die Gemeinden (auch nicht die DG-Gemeinden) ihre Buchhaltung aktuell abschaffen und durch die SEC Buchhaltung ersetzen müssen. Dieser Grundsatz wurde vom Hohen Finanzrat noch einmal im März 2014 in seinem Bericht zu den lokalen Behörden festgehalten.
Auf belgischer Ebene wurde ein Kooperationsabkommen am 13. Dezember 2013 zwischen dem Föderalstaat, den Gemeinschaften und Regionen abgeschlossen, wodurch diese sich – und die unter ihrer Aufsicht stehenden Organe verpflichten -, die Bestimmungen des Stabilitätsvertrages der Europäischen Union einzuhalten. Der Hohe Finanzrat muss zum 31. Dezember 2017 eine erste Bewertung dazu abgeben.
Nach den Jahren 2013 und 2014 und den Finanzentwicklungsperspektiven wird deutlich, dass die SEC-2010-Norm für die lokalen Behörden sowie für kleine Gliedstaaten wie die DG und ebenfalls für die Regionen insgesamt in Belgien und Europa nur negative Folgen hat. Das Jahresprinzip für Investitionen, die Berechnung der eigentlichen Haushaltsziele können weder Reserven noch Kredite als Einnahmen berücksichtigten, andere Verkäufe und Käufe von Finanzaktivas sind ergebnisneutral, … das sind die Prinzipien, die zu einem starken Rückgang von Investitionen der öffentlichen Hand führen (bereits nachweislich seit 2013 drastisch). Für kleine Einheiten kann das gar zu einem Investitionsstopp führen. Eine Katastrophe, wenn man weiß, dass mehr als 50% aller Investitionen in Belgien durch die lokalen Behörden gemacht werden – ohne die der Gliedstaaten hinzuzurechnen! Ohne über den sachpolitischen Nonsens hier zu sprechen, da Investitionen in Schul-, Pflege- und KH-Einrichtungen unmöglich werden.(Grund: Auch bei einer oberflächlichen Betrachtung der Haushaltsabrechnungen der Jahre 2011- 2013 stellt man fest, dass unsere Gemeinden laut SEC-Normen ein eher schlechtes Resultat erzielen, wobei die Kassenlagen doch im Großen und Ganzen sehr gesund sind und auch die Verschuldungskapazität bei unseren Kommunen sowie bei der DG durchaus als positiv zu bezeichnen ist).
All das hat zur Folge, dass diese SEC-Norm bereits mehrfach Thema im Konzertierungsausschuss war, da natürlich nicht zuletzt bei der Festlegung der Finanzentwicklungsperspektiven und beim HH-Gleichgewicht 2018 die SEC-Norm Grundlage ist. Auch die Haushaltsminister Belgiens haben sich dazu getroffen. Zudem haben die Regionen und Gemeinschaften Belgiens und der Föderalstaat bei einem Treffen mit dem Vize-Präsident der EU Kommission zu diesem Thema deutlich gemacht, dass man eine Flexibilisierung der Normen fordert! Gerade in Zeiten einer schlechten Wirtschaftskonjunktur ist es nicht sinnvoll, die Investitionskapazität der öffentlichen Hand einzuschränken. Außerdem wurde angeregt, dass man nach gleicher Buchhaltungsnorm wie die Privatwirtschaft funktionieren sollte, bzw. Investitionen verbuchen können sollte. Zudem wurde darauf eingegangen, dass je kleiner die Einheit sei, es umso unmöglicher sei, diese SEC Norm einzuhalten, da so eine angemessene Investitionspolitik unmöglich sei. Soviel zum allgemeinen bzw. gesamtbelgischen und europäischen Rahmen, der an dieser Stelle natürlich nur angerissen werden kann.
Konkret habe ich unsere Kommunen ein erstes Mal mit dem Haushaltsrundschreiben vom 20. August 2014 auf diese neue Ausgangssituation aufmerksam gemacht. Ferner haben ich und auch der Ministerpräsident dies 2014 bereits anlässlich von Zusammenkünften mit den Finanzdirektoren, aber auch mit den Bürgermeistern getan, so zuletzt auf der Bürgermeisterversammlung vom 26. März 2015. Darüber hinaus hat unsere Verwaltung den Kollegen in den Gemeinden ein Tool zur Verfügung gestellt, mit dem sich das Erreichen der SEC-2010-Norm ganz leicht errechnen lässt. Sobald alle Haushaltsabschlüsse 2014 der Gemeinden hinterlegt sind, werden wir uns ein aktuelles Gesamtbild verschaffen können.
Eine Folge der SEC-Norm wird sein, dass in Zukunft sobald die Kommunen direkt mit dem HH der DG konsolidiert werden (bisher nicht der Fall), Instrumente wie der Infrastrukturplan der DG oder die Genehmigung der HH der Gemeinden durch den Aufsichtsminister der DG ganz neue Bedeutung erhalten. Die Investitionspolitik der DG und der Kommunen muss in ihrer Gesamtheit (nicht nur bezuschusste Arbeiten etc/Beispiel Überschuss Investition/ Autonomiewahrung?) abgesprochen bzw. verbindlich festgelegt werden, und die HH müssen genau den Vorgaben entsprechen, sonst werden die Normen nicht eingehalten (also eine sehr strikte HH-Führung und Aufsichtskontrolle).
Ein sehr komplexes Thema, sollte im Ausschuss vertieft werden, wenn gewünscht.