Alexander MIESEN, Vize-Präsident des Parlamentes der Deutschsprachigen Gemeinschaft und Gemeinschaftssenator, hat am Montag hinsichtlich der Aufwertung der Parlamentsarbeit « tacheles » geredet.
« Unsere Bürgerinnen und Bürger brauchen ein Parlament, auf das sie sich verlassen können », betonte Alexander MIESEN in seiner Rede in der montägigen Plenarsitzung vom 22. September.
Auch folgender Rede-Auszug zeigt, dass er ausgesprochen hat, was wohl viele denken.
« Es gibt in der DG ein Ungleichgewicht zwischen der Regierung und dem Parlament. So müssen etwa sogenannte „Feierabendpolitiker“ eine Fulltimeregierung kontrollieren und sollen zudem noch Dekretvorschläge initiieren. Zwar hat sich das PDG bisher gut geschlagen, doch ist nicht zu leugnen, dass die Defizite unserer Institution dringend ausgeglichen werden müssen. »
Wir, die PFF, stehen FÜR diese Veränderung. Nicht umsonst hielt das Grenz-Echo in seinem Artikel vom 23.9 (Seite 6) zur Plenarsitzung fest, dass die PFF auf « die Maxime » setzt. Auch wenn wir wieder mit im Boot der Regierungskoaltion sitzen, bedeutet dies nicht, dass wir uns auf unseren Lorbeeren ausruhen. Ganz im Gegenteil: auch wir streben eine Verbesserung der parlamentarischen Arbeit an, ganz im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, welche den parlamentarischen Vertretern ihr Vertrauen geschenkt haben, als sie ihnen am 25. Mai 2014 ihre Stimme gaben.
Im Folgenden können Sie den gesamten Redebeitrag von Alexander MIESEN nachlesen.
Ihre PFF.
Sehr geehrter Herr Präsident,
Werte Kolleginnen und Kollegen aus Regierung und Parlament,
am heutigen Tage haben wir in gewisser Weise eine Premiere: zu Beginn der Sitzungsperiode debattieren wir nicht nur über die Regierungserklärung, sondern ebenso über das Grundkonzept zur Reform der parlamentarischen Arbeitsweise.
Bevor ich gleich einige Worte zum institutionellen Bereich der Regierungserklärung und insbesondere zur zukünftigen Rolle des Senats sagen werde, möchte ich kurz auf die Parmlamentsreform eingehen.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Belgien ist ein Rechtsstaat mit einer Gewaltenteilung der Staatsmacht zwischen Exekutive, Judikative und Legislative. Diese drei sind in ihrem Handeln voneinander abhängig und kontrollieren sich untereinander. Das wesentliche demokratische Element ist die Legislative, das Parlament in dem die Gesellschaft und ihre Gruppen durch Wahl des Bürgers vertreten sind. Damit nun Rechtsstaatlichkeit und Demokratie korrekt funktionieren muss es also ein Parlament geben auf das sich der Bürger verlassen kann.
In der DG ist das Parlament, im Zuge des stetigen Anstiegs der Zuständigkeiten ins Hintertreffen geraten. Es gibt in der DG ein Ungleichgewicht zwischen der Regierung und dem Parlament. So müssen etwa sogenannte „Feierabendpolitiker“ eine Fulltimeregierung kontrollieren und sollen zudem noch Dekretvorschläge initiieren. Zwar hat sich das PDG bisher gut geschlagen, doch ist nicht zu leugnen, dass die Defizite unserer Institution dringend ausgeglichen werden müssen. Dies hatte Ferdel Schröder erkannt und den Grundstein für die Reform der Parlamentsarbeit gelegt. Die PFF und ich selbst, als damaliger ausscheidender Präsident, haben noch deutlich vor den Wahlen die Defizite aufgezählt und angekündigt, dass wir, sollten wir in der Verantwortung bleiben, dem Parlament das nötige Rüstzeug geben möchten um seiner wichtigen Aufgabe besser nachkommen zu können. Ich bin dem neuen Parlamentspräsidenten daher dankbar, dass er in seiner bekannt entschlossenen Art während den Sommermonaten den Dialog mit allen Fraktionen gesucht hat und nun der Weg frei ist für eine Aufwertung des Parlaments. Weil die PFF Verfechterin von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ist, steht meine Fraktion voll und ganz hinter dieser Reform, denn sie ist nötig, sie ist wichtig, sie ist richtig und sie ist dringend. Die kleinen Fraktionen werden massiv aufgewertet, der Opposition werden mehr Rechte eingeräumt und alle Fraktionen können in Zukunft nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis mehr parlamentarische Initiativen ergreifen. Diese Reform hat die große Überschrift „Professionalisierung des Parlaments“ und sie ist im Interesse des Bürgers.
Werte Kolleginnen und Kollegen,
erlauben Sie mir nun einen kurzen Ausflug aus dem regnerischen Belgien in die griechische Sonne. Griechenland ist nicht nur Wiege von Minister Antoniadis sondern auch Wiege der Demokratie und vieler noch heute existierender Staatsstrukturen. Der Senat, wie wir ihn nach der sechsten Staatsreform in Belgien kennen folgt dem griechischen Beispiel als institutionelle Repräsentanz von „Stadtstaaten“. Das bedeutet, dass die Rolle dieser Institution sich stark verändert hat. Bis zu zur sechsten Staatreform funktionierte der Senat nicht ausschließlich als Vertretung der Gliedstaaten, sondern als komplizierte Mischform aus direkter Wahl eines Teils, aus indirekter Bestellung durch die Sprachgemeinschaften und der Ernennung eines dritten Teils, so dass unterschiedliche Senatorengruppen zusammengeführt wurden. Heute ist der Senat die Kammer auf föderaler Ebene, in der die Gliedtstaaten unseres Landes zusammen treffen. In einem Föderalstaat eine bedeutende Institution. In Belgien ist die Bedeutung in meinen Auge umso grösser, als dass wir in einem Land leben welches von großen Bipolaritäten geprägt ist: Flamen und Frankophone sowie große Mehrheiten und kleine Minderheiten. Ich freue mich daher, dass diese Bedeutung sowohl in der Regierungserklärung als auch im Dokument zur Reform unserer Parlamentsarbeit erkannt wird. Zum jetzigen Zeitpunkt ist leider noch zu früh sich festzulegen, wie der Senat in Zukunft konkret funktionieren wird. Ich möchte aber festhalten, dass der Senator viel mehr noch als bisher die Gemeinschaft auf föderaler Ebene und bei den anderen Gliedstaaten vertritt, insbesondere wenn es um die institutionellen Interessen unserer Gemeinschaft geht. Um diese neue Rolle und unsere Stellung im föderalen Belgien zu untermauern, werde ich mich bei den Sitzungen des neuen Senats konsequent der deutschen Sprache bedienen. Wenn nicht dort, wo dann?
Werte Kolleginenn und Kollegen,
Ich möchte daher vorschlagen, dass wir uns, wenn auf föderaler Ebene die Mehrheitsbildung abgeschlossen ist, im Rahmen der Ausschussarbeit konkreter über die Rolle des Senators unterhalten. Ich bin davon überzeugt, dass die Institution „Senat“ einen Mehrwert für unser Land und unsere Gemeinschaft hat. Sie birgt mehr Potential, als es auf den ersten Blick erscheint oder wie es der römische Feldherr Senator Marcus Porcius Cato der Ältere sagte: « multa cadunt inter calicem supremaque labra » (zwischen dem Rand der Lippe und dem des Bechers kann sich vieles ereignen).
Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit,
Alexander Miesen