Pressemitteilung
Brüssel, den 15.06.2021
Gehen in Belgien bald die Lichter aus?
Ein Thema, das die belgische Bevölkerung seit einiger Zeit beschäftigt, ist die Stromversorgung des Landes. So gab es in der Vergangenheit Berichte von drohenden Stromausfällen und Energieengpässen. Neben diesen Berichten hat ebenso die Ankündigung des Festhaltens an einer Energiewende für viel Unsicherheit bei Menschen und Betrieben gesorgt. Diese Berichte hat der ostbelgische Gemeinschaftssenator (Alexander Miesen (PFF) zum Anlass genommen, der Energieministerin Tinne Van der Straeten (Groen) generelle Fragen zum Stand der Energiewende und der Stromproduktion in unserem Staat zu stellen.
Die Antworten der Ministerin liefern interessantes Zahlenmaterial, welches Vergleiche über mehrere Jahre hinweg erlaubt. So führt sie an, dass die Netto-Stromproduktion in den letzten Jahren, sprich zwischen 2016 und 2020, immer rund 86 Terrawattstunden (TWh) lag mit einer Ausnahme: 2018. In diesem Jahr lag eine signifikante Unverfügbarkeit der Kernzentralen vor; sodass die Stromproduktion um ca. 12 TWh zum Vorjahr einbrach. Dazu Alexander Miesen: „Die Zahlen zeigen uns, dass die Atomstromproduktion in Belgien einen nicht ganz unerhebliche Rolle in der allgemeinen Stromproduktion spielt. Das ist ein Fakt, den wir zur Kenntnis nehmen müssen, wenn wir über die Energiewende und Stromversorgung sprechen.“
Der Senator verweist allerdings auch auf die Einfuhrzahlen, die die Ministerin ihm geliefert hat. In den letzten Jahren wurde Strom aus mehreren Ländern eingeführt, darunter Deutschland, die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Frankreich. Deutschland ist erst seit 2020 zu einem Stromlieferanten Belgiens geworden, das Vereinigte Königreich bereits 2018. „Ich stelle fest, dass wir vermehrt Strom einführen, denn zwei Länder wurden erst kürzlich zu Lieferanten. Das ist nicht weiter dramatisch, jedoch teilte uns die Ministerin mit, dass sie nicht über die genaue Herkunft des importierten Stroms Bescheid wisse. Wenn wir also nun in eine Situation kommen, in der wir die Atommeiler abschalten, aber dann vermehrt Atomstrom aus anderen Ländern importieren, dann betreiben wir Augenwischerei“, so der Senator.
Diese Zweifel sind berechtigt, denn aus den Zahlen des FÖD Wirtschaft geht hervor, dass die Atomkraftwerke im Jahr 2020 schätzungsweise für gut 39% der totalen Stromproduktion unseres Landes verantwortlich waren. Dem gegenüber stehen 28% aus erneuerbaren Energien, worunter nur 14% durch Windenergie geliefert wurde. Positiv bewertet der Senator, dass es mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien vorangeht, denn ihr Anteil ist zwischen 2019 und 2020 von 22% auf geschätzt 28% gestiegen. „Dieser Ausbau ist bitter nötig, denn die Ministerin hat in ihrem Schreiben den Ausstieg aus der Kernenergie im Jahr 2025 nochmals bekräftigt. Deshalb begrüße ich ausdrücklich ihren Einsatz, die Folgen des Ausstiegs abfedern zu wollen.“
Neben dem Aspekt der Stromversorgung spielt auch die Bezahlbarkeit des Stroms eine wichtige Rolle für den Senator. „Es freut mich, dass auch die Ministerin der Meinung ist, dass eine bezahlbare Stromrechnung das A und O ihrer Arbeit sein muss. Diese Bezahlbarkeit soll durch eine genaue Beobachtung der Entwicklung des Strompreises gesichert werden“, so Miesen.
Zum Schluss kommt die Ministerin auf Miesens Frage bezüglich der Stromversorgung für die E-Mobilität zurück. Sie geht dabei auf den nationalen Energie- und Klimaplan ein, der unter anderem eine Einführung der E-Mobilität beschreibt. Diese soll dazu beitragen, die Ziele der europäischen Union und Belgiens in Bezug auf Energie und Klima zu erreichen. So sollen 2030 1,5 Millionen E-Autos auf belgischen Straßen fahren – mit einem Gesamtstrombedarf von 3,6 TWh.
Dazu Miesen: „Diese 1,5 Millionen E-Autos sind aber nur die Spitze des Eisbergs des föderalen Energieplans. Der Plan zeigt deutlich, dass wir noch viel vor uns haben, denn 1,5 Millionen Autos decken nicht den belgischen Automobilmarkt ab. Entsprechend wird der Strombedarf weiter steigen. E-Autos einzuführen, ist schön und gut, aber sie sind erst dann als grün zu bezeichnen, wenn deren Produktion und Stromversorgung auch grün und sauber ist. Hier ist ein Kraftakt vonnöten, wenn wir das alles bis 2030 bewerkstelligen möchten. Eins kann uns aber alle beruhigen: In Belgien gehen nicht so schnell die Lichter aus – auch mit Dank an unsere direkten Nachbarn.“
Alexander Miesen
Gemeinschaftssenator