Frage von unserer Gemeinschaftsabgeordneten Frau Jadin an Frau Ministerin Klinkenberg zum Corona-Kontakt-Tracing in der Deutschsprachigen Gemeinschaft
Bei der Eindämmung des Coronavirus in Ostbelgien kommt nicht nur dem Tracing-Center, sondern auch Kaleido Ostbelgien eine zentrale Rolle im Bereich der Rückverfolgung der Corona-Infektionsketten zu.
Während die Tracing-Zentrale den Erwachsenenbereich abdeckt, kümmert sich Kaleido Ostbelgien um den Bereich der Kinder, Schüler und Jugendliche – wohlwissend, dass Kaleido immer schon für die Vermeidung der Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten im schulischen Umfeld zuständig gewesen ist.
Nichtsdestotrotz ist uns zu Ohren gekommen, dass vereinzelt widersprüchliche Aussagen an die Bevölkerung rausgegangen sind, was – angesichts der sich von Woche zu Woche veränderten Bestimmungslage – weitere Unsicherheiten innerhalb der Bevölkerung schürt.
Das Testen und Tracing ist – wie es der Kaleido Direktor Manfred Kohnen in der GrenzEchoAusgabe vom 28. Oktober 2020 treffend auf den Punkt gebracht hat – ein Kampf gegen Windmühlen.
Angesichts des coronabedingten „Flächenbrands“, der aktuell in Ostbelgien herrscht, stellen sich mir die folgenden Fragen, werte Frau Ministerin:
- Wie verläuft die Zusammenarbeit zwischen Kaleido Ostbelgien und der Tracing Zentrale
des Ministeriums im Bereich des Corona-Kontakt Tracings? - Das Kontakt-Tracing stellt einen wichtigen Eckpfeiler bei der Pandemiebekämpfung dar. Wurde die Kommunikations- sowie die Tracingstrategie beider Dienste mittlerweile vereinheitlicht, um dem ganzen einen besseren, konformeren Rahmen zu geben, damit beide Dienste an einem Strang und in eine Richtung ziehen?
Antwort der Ministerin Klinkenberg:
Das Kontakt-Tracing beschreibt den Prozess der Kontaktverfolgung von infizierten Personen. Die Personen, die mit dem Kontakttracing betraut sind, kontaktieren eine mit dem Coronavirus infizierte Person und ermitteln und kontaktieren die Personen, die Kontakt zu dieser infizierten Person hatten.
Der Hausarzt entscheidet aufgrund der Symptome einer Person, ob ein Corona-Test notwendig ist. Im Falle eines positiven Testergebnisses werden die Laborergebnisse automatisch in die gesicherte föderale Datenbank des belgischen Wissenschaftsinstitutes Sciensano eingespeist. Personen, die im Ausland getestet werden, deren Wohnsitz sich aber in Belgien befindet, werden von den ausländischen Gesundheitsämtern gesondert gemeldet. Positive Ergebnisse von Personen mit Wohnsitz in der Deutschsprachigen Gemeinschaft werden zudem der Corona Kontakt-Tracing-Zentrale mitgeteilt mit dem
Auftrag, das Tracing zu starten.
Die Kontakt-Tracing-Zentrale, die im Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft angesiedelt ist, kümmert sich darum, die Personen, die mit dem Infizierten in Kontakt standen, zu ermitteln. Das Team erfragt telefonisch oder ggf. sogar durch einen Besuch zuhause, falls der Patient nicht auf mehrere Anrufversuche reagiert, mit wem die infizierte Person in Kontakt gekommen ist – genauer gesagt, ab zwei Tagen vor und sieben Tagen nach dem Auftreten von Symptomen. Diese Kontaktpersonen werden als Hochrisikokontakte bezeichnet und werden ebenfalls telefonisch oder zuhause kontaktiert, um sie zu bitten, Präventions- oder Früherkennungsmaßnahmen zu ergreifen.
Wenn die infizierte Person angibt, eine Kollektivität, wie zum Beispiel eine Schule, ein Wohn- und Pflegezentrum, eine Kinderkrippe oder eine Tagesmutter, besucht zu haben, werden die Angaben des Infizierten an den Koordinationsarzt oder den Verwaltungsverantwortlichen der besuchten Kollektivität weitergeleitet. Vor diesem Hintergrund gilt im schulischen Umfeld und in der Kleinkindbetreuung die Direktion von Kaleido-Ostbelgien für die Kontakt-Tracing-Zentrale als Ansprechpartner.
Während die Tracing-Zentrale sich um die Ermittlung der Hochrisikokontakte und die anschließende Kontaktaufnahme im privaten Bereich kümmert, übernimmt KaleidoOstbelgien diese Aufgabe innerhalb des schulischen Umfeldes und in der Kleinkindbetreuung. Die dazu nötigen Informationen zum Indexfall erhält KaleidoOstbelgien direkt von den Schulen.
Die Tracing-Arbeit von Kaleido-Ostbelgien und der Kontakt-Tracing-Zentrale verläuft getrennt und ergänzend zueinander. Die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den beiden Einrichtungen funktioniert gut.
Ab dem 12. Oktober 2020 explodierten die Corona-Fallzahlen in Ostbelgien. Von Mitte bis ca. Ende Oktober (bis über 200 Neuinfektionen pro Tag) war das Gesundheitssystem und auch das Tracing-System derart überlastet, dass mehrere infizierte Personen verspätet oder gar nicht von der Tracing-Zentrale kontaktiert werden konnten. Auch die Kommunikation zwischen allen Partnern war während dieser Periode schwieriger. So kam es beispielweise zeitweise vor, dass Kaleido anhand von Informationen seitens der Schulen bereits alle Hochrisikokontakte im schulischen Umfeld kontaktiert hatte, bevor die TracingZentrale für den außerschulischen Bereich intervenieren konnte. Das System funktionierte während eines Zeitraums von ca. 14 Tagen nicht zu 100%, die angewendete Strategie war jedoch unverändert. Zahlreiche Personen wurden kontaktiert und nach ihren Hochrisikokontakten befragt, aber nicht alle. Die 14-Tage-Inzidenz vom 12. bis 25. Oktober 2020 lag bei 1.917. Die Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass bis zu einer Inzidenz von 35 Infektionsfällen während 14 Tagen das belgische Gesundheitssystem in der Lage ist, die Krise zu bewältigen In diesem Fall kann auch die Tracing-Zentrale effizient ihre Aufgabe erfüllen und das Tracing kann bei jedem Infektionsfall rechtzeitig erfolgen. Wird der Wert überschritten, spitzt sich die Lage im Gesundheitssystem, aber auch beim Kontakt-Tracing weiter zu. Im Zeitraum vom 12. bis 25. Oktober wurde der Richtwert von 35 Infektionen um das 55-fache überschritten.
Als Reaktion auf die steigenden Infektionszahlen Mitte Oktober wurde die Teststrategie in ganz Belgien geändert: Hochrisikokontakte ohne Symptome wurden vom 21. Oktober bis zum 22. November 2020 nicht mehr getestet und erschienen somit auch nicht mehr in der Datenbank, die die Grundlage für das Kontakt-Tracing bildet. Die Dunkelziffer der CoronaInfizierten war somit in dieser Zeit wahrscheinlich höher als zuvor. Auch die KontaktTracing-Zentrale reagierte auf die dramatische Situation im Oktober und stockte ihr Personal massiv und kurzfristig auf. So wurden zwischenzeitliche 5 Vollzeitäquivalent verteilt auf zehn Mitarbeiter angeworben. Dabei handelt es sich um sechs Studenten und vier Mitarbeiter. Somit waren insgesamt 40 Personalmitglieder im Einsatz. Davon sind 30 interne Mitarbeiter des Ministeriums, die zeitweise für das Kontakt-Tracing arbeiten. Auch Kaleido hat die Regierung zusätzliche personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt für das Tracing im Unterrichtswesen und in der Kinderbetreuung.
Die geltenden Maßnahmen und auch die Verlängerung der Allerheiligenferien haben sich bemerkbar gemacht und bewirkt, dass die Infektionszahlen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft allmählich angefangen haben zu sinken.
Aus diesen Gründen ist die Tracing-Zentrale seit Ende Oktober wieder in der Lage, alle Infektionsfälle zu tracen, obschon der Inzidenzwert in der Deutschsprachigen Gemeinschaft zurzeit noch bei 359 Infektionen in den letzten 14 Tagen liegt (Stand 25.11.2020). Das Gesundheitssystem ist weiterhin überlastet. Die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Kaleido und der Kontakt-Tracing-Zentrale hat sich durch die sinkenden Infektionszahlen und die Aufstockung des Personals wieder verbessert.