Schriftliche Frage vom 26. Mai 2020 von unserem Senator Alexander Miesen an
Herrn Minister Antoniadis zu Gerüchten um eine geplante Impfpflicht
Die aktuelle Krise stellt uns alle vor große Herausforderungen. Als seien die Probleme
nicht schon groß genug, wird das Krisenmanagement zusätzlich mit Falschmeldungen
vor allem in den « sozialen » Medien erschwert.
Eines der daraus resultierenden Gerüchte betrifft die angeblich geplante Impfpflicht.
Zahlreich sind die im Netz kursierenden Berichte, wonach eine Impfpflicht bereits
beschlossene Sache sei. Einige finstere Gestalten behaupten sogar, dahinter stecke ein
kommerzielles Interesse einzelner und der Virus sei nur aus diesem kommerziellen
Interesse heraus in die Welt gesetzt worden.
Meines Wissens gibt es derzeit allerdings weder einen Impfstoff noch irgendein
Medikament gegen Covid19. Logischerweise müsste m.E. erstmal ein entsprechender
Durchbruch in der Forschung erreicht werden, bevor überhaupt darüber geredet werden
kann, wie ein Impfstoff oder ein Medikament angewandt werden soll.
Um die diesbezügliche Debatte zu versachlichen, bitte ich Sie folgende Fragen zu
beantworten:
- Ist im Rahmen des Nationalen Sicherheitsrates, einer interministeriellen Konferenz
Gesundheit oder eines anderen Gremiums das Thema Impfpflicht diskutiert worden? - Gibt es aktuell tatsächlich konkrete Planungen eine solche Pflicht einzuführen?
- Welche Position hat die Regierung der DG zu einer möglichen Impfpflicht gegen
Covid19?
Antwort des Ministers
1. & 2.) Weder während des Nationalen Sicherheitsrates, der interministeriellen
Konferenz noch in einem anderen Gremium wurde bis Dato über eine potenzielle
Impfpflicht diskutiert. Es gibt demnach keine konkreten Pläne, eine Impfpflicht wegen
Covid19 in Belgien einzuführen.
Ein Impfstoff gegen SARS-Cov-2 steht frühestens Ende dieses Jahres zur Verfügung. Was
für die Wissenschaft ein Rekordtempo wäre. Demnach gibt es auch keine Kenntnisse über
dessen Wirksamkeit, potenzielle Nebenwirkungen oder den Kostenfaktor.
Des Weiteren kann die langfristige Entwicklung der Pandemie nur sehr schwer
vorhergesagt werden.
Einer Diskussion zur Impfpflicht fehlen also wichtige Grundlagen.
3.) Die Zuständigkeiten der Gemeinschaften, insbesondere in der Präventivmedizin,
wurden im Rahmen der 6. Staatsreform zwar ausgeweitet, aber die Restzuständigkeit des
Föderalstaats umfasst immer noch die verpflichtenden Impfungen. Die Deutschsprachige
Gemeinschaft ist also nicht befugt, lokal eine Impfpflicht für die Gesamtbevölkerung
einzuführen.
Dies ist auch nicht erwünscht. Selbst wenn die Deutschsprachige Gemeinschaft zuständig
wäre, hätten wir zunächst keine Impfpflicht eingeführt, sondern zuerst auf eine breit
angelegte Information und Sensibilisierung angesetzt. Eine Impfpflicht sollte als
äußerstes Mittel in Folge einer kritischen Impfrate in Betracht gezogen werden, meiner
Meinung nach. Sollte also auf Ebene der interministeriellen Konferenz je unsere Meinung
zu so einem Projekt gefragt werden, dann werden wir uns entsprechend positionieren.
Die nachfolgend veröffentlichten Texte entsprechen den hinterlegten Originalfassungen.
Die Deutschsprachige Gemeinschaft folgt in der Regel den Empfehlungen des Hohen
Rates für Gesundheit, so wie es auch bei dem allgemein empfohlenen Impfschema der
Fall ist.
Die Gemeinschaften sind jedoch für jegliche Initiativen, Tätigkeiten und Dienstleistungen
im Bereich der Präventivmedizin zuständig.
Auf dieser Grundlage kann die Deutschsprachige Gemeinschaft freiwillige Impfungen und
Impfprogramme vorsehen. Es steht uns ebenfalls zu, die Verabreichung von freiwilligen
und verpflichteten Impfungen (also ausschließlich die Polio-Impfung) zu organisieren.
Ähnlich wie bei der jährlichen Grippeimpfung, sieht die Deutschsprachige Gemeinschaft
vor, einen verifizierten und anerkannten Impfstoff gegen das Coronavirus zu
unterstützen, sobald dieser auf dem Markt erhältlich ist. Wichtig dabei ist, dass alle
relevanten Kontrollverfahren bis zur Zulassung respektiert werden.