Als Ostbelgier bekommt man es im Laufe seines Lebens mit fünf verschiedenen Verwaltungsebenen zu tun. Die Gemeinde, die Deutschsprachige Gemeinschaft, die Wallonische Region, die föderale Ebene und als ob das nicht schon ausreichend wäre gibt es auch noch die Provinz. Ein Bürger aus Brüssel hat es mit einem noch komplexeren Geflecht zu tun: Neben der föderalen, regionalen und kommunalen Ebene, kann er in Kontakt mit der flämischen Gemeinschaftskommission, der französischen Gemeinschaftskommission oder der gemeinsamen Gemeinschaftskommission kommen.
Jede dieser Ebene verfügt über Zuständigkeiten, doch ist die Verteilung der Aufgaben nicht symmetrisch, da diese untereinander verschoben werden können. Zum Beispiel übt die Wallonische Region andere Zuständigkeiten aus als Flandern, die Region Brüssel andere Zuständigkeiten als die DG usw.
Die Komplexität der belgischen Staatsstruktur hat sicherlich ihre historische Begründung, aber Hand aufs Herz: Wer blickt bei diesem Wirrwarr an Institutionen und Zuständigkeiten eigentlich noch durch? Wer weiß welche Ebene wofür verantwortlich ist? An welche Ebene bezahlen wir welche Steuern?
Es ist an der Zeit, dass Belgien eine Effizienzoffensive startet und sich auf den Weg macht seine Staatsstruktur grundsätzlich zu überdenken.
Der Senat wird dazu den Startschuss geben, indem er in den kommenden Monaten eine Evaluation der sechs vergangenen Staatsreformen durchführen will. Ziel muss es sein den Staat effizienter und transparenter zu gestalten. Dass es dazu eine siebte Staatsreform geben muss, liegt auf der Hand. Die 7. Staatsreform sollte die Perspektive für ein langfristiges institutionelles Konzept für den gesamten Staat Belgien sein.
Aktuell wird zu allem Überfluss noch weiterer Sand ins belgische Getriebe gestreut, da es die Parteien nicht schaffen eine Regierung auf die Beine zu stellen. Bereits seit dem 18. Dezember 2018 verfügt Belgien über keine handlungsfähige Regierung mehr. Abgesehen von internen Machtkämpfen in nahezu jeder Partei ist seitdem leider nicht viel geschehen. Ich hoffe, dass wir uns schnellstmöglich wieder den wirklich wichtigen Herausforderungen stellen können, mit denen unser Land konfrontiert wird. Dazu wird es für alle Beteiligten unerlässlich sein, etwaige persönliche Eitelkeiten hintenanzustellen.
Alexander Miesen
Senator