Sitzung des Ausschusses III vom 14. Februar 2019
Frage von unserem Fraktionsvorsitzenden Gregor FRECHES zur Abschaffung der Weihnachtsprüfungen für das 1. und 2. Sekundarschuljahr in den ostbelgischen Sekundarschulen des Gemeinschaftsunterrichtswesens
An den ostbelgischen Sekundarschulen des Gemeinschaftsunterrichtswesens wurden die Weihnachtsprüfungen des 1. und 2. Sekundarschuljahr in diesem Schuljahr abgeschafft.
Sie selbst, werter Herr Minister, erklärten uns, dass mit dem Wegfall der Weihnachtsprüfungen der ersten beiden Sekundarschuljahre drei Ziele verfolgt würden. Erstens möchte man damit für einen sanfteren Übergang von der Primar- zur Sekundarschule sorgen; zweitens wird damit Unterrichtszeit gewonnen (es ist die Rede von immerhin zwei bis drei Wochen); drittens, man wünscht sich kompetenzorientierteren Unterricht und in diesem Sinne kompetenzorientiertere Testverfahren.
Da es den Lehrern „verboten“ ist, den vor Weihnachten gesehenen Unterrichtsstoff in die Prüfungen des zweiten Semesters einfließen zu lassen, stellen sich mir die folgenden Fragen:
- Welche anderen kompetenzorientierten Bewertungsmethoden wurden im laufenden Schuljahr von den Schulen genutzt?
- Gab es bereits Rückmeldungen von den Lehrern, den Schülern oder den Eltern?
- Wie sieht aktuell die Bilanz für dieses Schuljahr aus?
Antwort des Ministers:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Werte Kolleginnen und Kollegen,
wie Sie wissen, habe ich die Abschaffung der Dezemberprüfungen in der ersten Sekundarstufe des Gemeinschaftsunterrichtswesens bereits im August 2017 angekündigt.
Die betroffenen Lehrer erhielten im vergangenen Schuljahr den Auftrag, sich mit der Unterstützung des Fachbereichs Pädagogik auf diese Umstellung vorzubereiten.
Im Vordergrund stand die Entwicklung neuer Tests, die über die reine Wissensabfrage hinausgehen und im Sinne der Kompetenzorientierung die Schüler in die Lage versetzen, Zusammenhänge herzustellen und erarbeitete Kenntnisse und Fähigkeiten auf neue Situationen zu transferieren.
Diese Testformate finden in diesem Schuljahr ihre Anwendung.
Dabei handelte es sich also zunächst um eine Optimierung der zumeist durchgeführten schriftlichen Tests.
Im Laufe des kommenden Jahres sollen darüber hinaus neue Methoden der Leistungsermittlung entwickelt und erprobt werden.
Einige Schulen würden die gewonnene Unterrichtszeit z.B. gern zur Projektarbeit nutzen, um auf diese Weise die Kompetenzentwicklung der Schüler zu fördern und zu evaluieren.
In einer Schule werden bereits neue Formen der Leistungsermittlung getestet, diese waren allerdings bereits vor der Abschaffung der Weihnachtsprüfung in der Überlegung.
An dieser Schule erarbeiten Schüler z.B. im Fach Deutsch einen Vortrag über ein im Vorfeld bestimmtes Thema, zu dem sie Informationen sammeln und strukturieren müssen.
Diese müssen als Powerpoint-Präsentation aufbereitet werden und am Tag der Prüfung vor einer Jury vorgestellt und „verteidigt“ werden.
Anhand eines Themas muss der Schüler sowohl seine mündlichen Sprachkenntnisse als auch seine methodischen Kompetenzen unter Beweis stellen.
Die wenigen Eltern, die den Schulen eine Rückmeldung zur Abschaffung der Weihnachtsprüfungen gegeben haben, haben sich allesamt positiv ausgesprochen.
Einige unter ihnen empfinden jedoch ein erstes Zeugnis im Dezember als zu spät. Das Elterngespräch im Oktober/November, das in allen Schulen angeboten wird, scheint ihnen als Rückmeldung nicht auszureichen.
Vereinzelt äußerten Eltern Sorge hinsichtlich der Juni-Prüfungen.
Um Schülern und Eltern eine bessere Rückmeldung zum Lernstand zu geben, stellen wir zurzeit mit den Schulleitungen Überlegungen zur Optimierung der formativen Bewertung an.
Insgesamt gaben auch die Schüler wenig Rückmeldung.
Sie fanden es merkwürdig, nachmittags alleine in der Schule zu sein.
Einige Lehrer empfanden die Schüler aufgrund der ungewohnten Situation als etwas unruhiger als sonst.
Die Lehrpersonen waren erfreut über die zusätzliche Unterrichtszeit.
Allerdings fiel die Arbeitsbelastung für die Lehrer, die gleichzeitig in mehreren Stufen unterrichten und somit sowohl Prüfungen abhalten als auch unterrichten mussten, vor Weihnachten höher aus als sonst.
Einige Lehrpersonen stehen dem Projekt noch skeptisch gegenüber oder möchten die Juni- Prüfungen abwarten, bevor sie Rückschlüsse ziehen.
Die eigentliche Evaluierung kann ja erst nach einem ganzen Durchlauf, also nach den Juni- Prüfungen, stattfinden.
In allen Schulen wurde der normale Unterricht in der 1. Stufe bis in die letzte Woche vor den Ferien fortgeführt.
Dies war organisatorisch bisweilen eine Herausforderung, ist aber in allen vier Schulen gelungen.
Die Schulleitungen zeigten sich deshalb sehr zufrieden.
Sie sind weiterhin überzeugt, dass die Neuerung pädagogisch wertvoll ist – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass im alten System am Jahresende innerhalb kurzer Zeit in Tests und Prüfungen mehrfach hintereinander die gleichen Kompetenzen abgefragt wurden, weil dazwischen wenig Zeit für zusätzlichen Kompetenzerwerb zur Verfügung steht.
Durch das Wegfallen der Wiederholungswochen und der Prüfungszeit entsteht Freiraum, der im Sinne der Kompetenzentwicklung der Schüler genutzt werden kann.
Die Schulen werden daher im Laufe des Jahres ihre Überlegungen vertiefen, welche anderen Unterrichtsformen während der gewonnenen Lernzeit zum Einsatz kommen können und welche Formen der Leistungsermittlung und –bewertung für diese Formate geeignet sind.
Die Zwischenbilanz fällt positiv aus: Organisatorisch und pädagogisch haben die Schulen die Abschaffung der Dezemberprüfungen in der ersten Stufe gemeistert.
In den kommenden Wochen werden die Lehrer in ihren Fachteams, Form und Inhalt der Juni-Prüfungen festlegen.
Hierzu stehen ihnen bei Bedarf unter anderem die Pädagogischen Sonderbeauftragten, die Schulinspektion und die Schulentwicklungsberatung des Fachbereichs Pädagogik im Ministerium zur Seite.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.