Das Freihandelsabkommen zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten andererseits (CETA) war vergangenen Montag, den 7. November 2016, Thema im PDG. Auch unserer Fraktionsvorsitzender Gregor FRECHES bezog Stellung. Er erläuterte nicht nur die Vorteile einer Anbindung an den kanadischen Markt, sondern beleuchtete auch die Folgen für das Wirtschaftswachstum aus einer unternehmerischen Perspektive. Im Folgenden gibt’s die Rede zum Nachlesen.
Rede von unserem Fraktionsvorsitzenden Gregor FRECHES zum Freihandelsabkommen CETA
CETA – das Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der EU, ist schlussendlich doch von den 28 Mitgliedstaaten unterschrieben worden – auch von Belgien.
Warum mit Kanada?
Dieses Land ist immerhin der zweitgrößte Flächenstaat der Welt, die elftgrößte Volkswirtschaft, ja eine der führenden Handelsnationen. Bereits im Mittelalter (15.-16. Jahrhundert) handelten Portugiesen und Spanier mit den Ureinwohnern Kanadas. Und dominierend waren später die Franzosen und die Briten – Länder unseres Kontinentes. Durch die Historie und diese Verbindung zu Europa, die sich über Jahrhunderte erstreckt, ist dieses Freihandelsabkommen CETA nicht als Blaupause zu einem TTIP zu sehen. Von solch einer näheren Anbindung an den Markt Kanadas, können wir NUR profitieren.
Dies haben letzten Endes dann auch Alle, ausnahmslos ALLE an den innerbelgischen Konzertierungen beteiligten Parteien erkannt und erklärten dann doch ihre Zustimmung zur Unterzeichnung des Vertrages.
Nicht zum „NEUEN CETA“, wie einige es nennen möchten, nein einfach nur zu CETA, da der Vertragstext an sich derselbe geblieben ist.
Was vor einigen Tagen in den verschiedenen Konzertierungsrunden auf innerbelgischer Ebene dann stattfand, kann man – wie es im Fußball heißt – als „Nachspielzeit“ betrachten. Gespannt schaute man auf die verschiedenen Live-Ticker der großen Presseorgane – ob Inland oder Ausland. Sie versuchten uns immer wieder auf den neuesten Stand der Verhandlungen zu bringen.
Konzertierungen an denen – von Seiten der DG – unsere Regierung in der Person von unserem Ministerpräsidenten Oliver Paasch und unserer Ministerin Isabelle Weykmans, ihres Zeichens Vize-Ministerpräsidentin, teilnahmen.
Ja, auch die DG saß mit am Verhandlungstisch – welch eine Errungenschaft durch den Ausbau der Autonomie: 77.000 Bürger durften durch ihre gewählten Volksvertreter an dem Freihandelsabkommen, welches für 550 Millionen Menschen volkswirtschaftliche Richtlinien festlegt, ihre Meinung und Ansichten vertreten, ja sogar Forderungen vortragen.
Forderungen wie :
- Wir wollen kein Absenken von Verbraucherstandards
- Wir wollen kein Absenken von Arbeitsschutzregeln
- Auch keine privaten Schiedsgerichtsverfahren
- Wir möchten sicherstellen, dass demokratisch legitimierte rechtsstaatliche Entscheidungen auch weiterhin möglich sind
- Unsere Landwirtschaft geschützt ist
Und wir wollen keine Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Um nur einige prioritären Bedingungen zu nennen.
Vor diesem Hintergrund führte dann die Verlängerung der Spielzeit dazu, dass Anmerkungen zu dem Vertrag formuliert wurden, die größtenteils das unterstützen, was bereits im vollsten Umfange in diesem verankert war.
Wurde doch bereits der eigentliche Textvorschlag des Abkommens auf dem Gipfeltreffen EU-Kanada im September 2014 fertiggestellt. Zudem beschloss der Rat am 15. Dezember 2015 weiterhin die Aufhebung des Geheimschutzes der Richtlinien, die er der Kommission zur Aushandlung eines umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens mit Kanada erteilt hatte. Spätestens ab diesem Moment konnte ein deutliches Plus an Transparenz in Bezug auf den weiteren Verlauf der Verhandlungen festgestellt werden.
Wir, die Liberalen, und damit bleiben wir unserer Politik treu – begrüßen Freihandelsabkommen in der Form, wie sie jetzt im CETA ausgehandelt worden sind.
Geht es doch in erster Linie darum, durch den Wegfall von Zöllen sowie von nichttarifären Handelsbeschränkungen das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Wer kann da vor all diesen Hintergründen dagegen sein?
Sprechen wir doch hier von über 600 Millionen € an Zollgebühren, die wegfallen werden! (Zum Vergleich: Der HH der DG beträgt etwa 350 Millionen €). Administrative Hürden entfallen. Hürden, die so manche KMUs bislang davon abgehalten haben, auf internationaler Bühne ihr Potential auszubauen.
Zur Erinnerung:
Noch vor nicht allzu langer Zeit, als vor 25 Jahren die Grenzen für den Warentransport in der EU wegfielen, profitierte doch vor allen Dingen unsere Grenzregion OSTBELGIEN davon.
Zollbarrieren, MWST-Verrechnungen uvm., fielen von einem Tage auf den anderen weg. Ich, selbst damals für ein St.Vither Möbelhaus tätig, sah wie die Exportzahlen stiegen, die Kunden aus Deutschland und Luxemburg scharenweise nach Ostbelgien kamen um hier ihre Möbel zu kaufen. Möbel, die oftmals aus kanadischer Eiche angefertigt worden waren.
Übrigens verarbeitete bereits damals die komplette Möbelindustrie in ganz Belgien dieses qualitativ hochwertige Holz. Anhand dieser kurzen Geschichte, eines Beispiels eines kleinen mittelständigen Unternehmens, kann man erkennen, wie hinderlich Zölle usw. waren. KMU’s, die den größten Teil der Unternehmen in einem so kleinen Land wie Belgien ausmachen und die die meisten Arbeitsplätze schaffen – gelten sie doch oft auch als Zulieferer für weltweit agierende Unternehmen. Auch in Ostbelgien angesiedelte Firmen stellen hohe technische, manchmal auch ganz banale Produkte her, um z.B. einen Airbus oder eine Boeing starten zu lassen oder um die Automobilindustrie zu unterstütze
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Stellt man sich gegen dieses Freihandelsabkommen, so stellt man sich auch gegen die Möglichkeit, volkswirtschaftliches Wachstum zu generieren. In einem Land welches vom Export lebt:
Dem gesamten BIP Belgien’s von 460 Milliarden € stehen 360 Milliarden an Export gegenüber – Zahlen aus 2015.
Davon könnte auch die Wallonie in Zukunft verstärkt profitieren, gibt es auch dort enormes industrielles Potential! Im Vergleich zu Flandern, spiegeln sich aber die Exportzahlen der Wallonie bislang leider nur geringfügig wieder. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen kann CETA daher viel bringen, nämlich für jene, die sich Exporte nach Kanada wegen komplizierter Vorschriften bislang nicht leisten konnten. Auch Sprachbarrieren werden hier teilweise ausgehebelt, spricht doch ein Großteil der kanadischen Bevölkerung Französisch!
CETA steht auch für eine CHANCE!
Die Opposition fragt sich wahrscheinlich an dieser Stelle immer noch:
Eine Chance wofür?!
EINE CHANCE GLOBALE STANDARDS NACH EUROPAÏSCHEM VORBILD ZU SCHAFFEN!!!!
Und verwechseln Sie dabei bloß nicht die ANGLEICHUNG von Standards mit dem Begriff der HERABSETZUNG derselben! Es ist eine Angleichung und keineswegs eine Herabsetzung unserer STANDARDS!
Dieses Abkommen definiert den neuen Standard der EU im Positiven. Und dass die EU in künftigen Verhandlungen z.B. mit den USA nie mehr zu niedrigeren als diesen Standards zurück kann. Oder sagen wir es mit den Worten Sigmar Gabriels, seines Zeichen Vize-Kanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Energie :
„CETA gibt der Globalisierung gute Regeln. CETA ist der SCHUTZ gegen ein schlechtes Abkommen mit den USA.“
Auch François HOLLANDE hat es perfekt auf den Punkt gebracht, liebe Kolleginnen und Kollegen:
„Compte tenu des liens que nous avons avec le Canada, cet accord sera encore plus favorable aux entreprises et donc à l’emploi!“
Für Hollande geht es, und dem stimmen wir zu, um das « bon équlibre entre ce que nous devons rechercher comme ouverture et ce que nous devons affirmer comme principes », sprich das Gleichgewicht zwischen Öffnung und Prinzipien, ja Vorbehalten!
Nicht nur sozialistische Politiker sind überzeugt, schauen wir über die Grenzen Belgiens hinaus, so stehen CDU, CSU, EVP – also auch die Christlich-Sozialen Parteien CETA positiv gegenüber – sogar Grüne Politiker wie der Ministerpräsident von Baden-Württemberg KRETSCHMANN (regiert dort mit der CDU zusammen) sind nicht gegen CETA!
Nur der EU-Abgeordnete der Deutschsprachigen Gemeinschaft scheint eine isolierte Haltung an den Tag zu legen – ist er doch einer der wenigen, der sich immer noch vehement gegen Freihandelsabkommen wehrt.
Im Umkehrschluss ist er mit seinem Abstimmungsverhalten also:
- gegen den Abbau von Zöllen und administrativen Hürden – die wie gesagt 600 Millionen Euro freimachen würden, damit kleinere und mittlere Unternehmen sich marktorientierter international positionieren könnten,
- gegen Wirtschaftswachstum,
- gegen die Schaffung von Arbeitsplätzen,
- gegen die Chancen, die dieses Freihandelsabkommen für über 550 Millionen Bürger auf der Welt generieren kann.
Als gewählter Volksvertreter, der die Interessen der gesamten DG zu vertreten hat, erkennen wir keinen Mehrwert in dieser von ihm an den Tag gelegten Haltung.
Vielleicht sollten er und alle die, die dagegen stimmen, auch einmal folgendes bedenken:
Die anderen Wirtschaftsräume interessieren sich wenig für die Proteste in Europa.
Längst haben die USA Abkommen im pazifischen Raum abgeschlossen, verhandeln bereits mit China. Wenn Europa nicht handelt, werden andere die Standards festlegen, nach denen sich dann Europa richten muss. Dann doch vielleicht besser umgekehrt.
Wenn wir jetzt nicht handeln, gibt es in einigen Jahren nichts mehr was wir heute schützen wollen. Auch dessen müssen wir uns bewusst sein! Diese oder andere Aussagen spiegeln die Gedanken wieder, wie sie vom Arbeitgeberverband oder auch von vielen Unternehmern OSTBELGIENS ausgesprochen werden. Sprich: Freier Handel JA aber mit klaren Regeln! Das ist der Fall und dem stimmen wir zu!
Danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit!
Gregor FRECHES
Fraktionsvorsitzender der PFF