In der Plenarsitzung vom 21. März 2016 brachte unser Gemeinschaftssenator Alexander Miesen die konstitutive Autonomie zur Sprache.
Im Namen der Koalition richtete er sich an die Mitglieder aus Regierung und Parlament und erklärte, dass den Gemeinschaften und Regionen, mit Ausnahme der DG und der Region Brüssel Hauptstadt, im Zuge der Staatsreform 1992-1993, auf Ebene der Verfassung die Möglichkeit eingeräumt worden sei, die Zusammensetzung, die Arbeits- und Funktionsweise ihrer Organe (Rat/Parlament und Regierung) zumindest teilweise selbständig zu organisieren. Auf flämischer und frankophoner Seite seien, so Miesen, inzwischen eine Reihe von Dekreten in Ausführung dieser Befugnis verabschiedet, was augenscheinlich davon zeuge, dass es konkreten Handlungsbedarf gebe.
Der DG (und der Brüsseler Region) sei ein derartiges Selbstbestimmungsrecht verwehrt worden, obschon seinerzeit ein entsprechender einstimmiger Vorschlag des RDG zur Diskussion gestanden habe. Dies habe zur Folge gehabt, dass die DG in ihrem Selbstbestimmungsrecht einerseits den beiden anderen Gemeinschaften gegenüber ungleich behandelt worden sei und dass für die DG andererseits Verbesserungen in Bezug auf die Zusammensetzung und die Arbeitsweise ihrer Organe nur über den Umweg von entsprechenden Gesetzesänderungen auf föderaler Ebene erreicht werden konnten. Da das politische Gewicht der DG in den föderalen Kammern aber deutlich kleiner sei, als das ihrer beiden großen Schwestern, seien solcherlei Gesetzesänderungen nur sehr schwer zu erreichen gewesen. Die DG sei also doppelt benachteiligt gewesen.
Zu diesem Schluss seien auch eine Reihe von renommierten Staatsrechtlern des Landes gekommen. Als Beispiel zitierte der PFF-Abgeordnete Marc Uyttendaele, der zu diese Thema Folgendes geschrieben hat:
« L’autonomie constitutive sur le plan institutionnel consacre l’abandon de la logique d’uniformité institutionnelle qui avait trouvé à s’appliquer depuis 1970. Respecte-t-elle le principe d’égalité ? Il est permis d’en douter … On n’aperçoit pas les raisons pour lesquelles la Communauté germanophone est privée d’un droit à l’auto-organisation. »
Dieser Schlussfolgerung hatte sich der Rat, bzw. das Parlement der DG in mehreren Positionspapieren angeschlossen, in denen die Nicht-Zuerkennung der konstitutiven Autonomie als eine ungleiche, ungerechtfertigte und unlogische Gegebenheit im belgischen föderalen Gefüge bezeichnet worden war.
Dass diese Autonomie nun der DG im Zuge der sechsten Staatsreform übertragen wurde, begrüßte Alexandre Miesen im Namen der Koalition ausdrücklich, denn die Frage, wer über die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der Organe unserer DG entscheiden dürfe, gehöre aus ihrer Sicht zum Recht auf Selbstbestimmung. Ebenso begrüßten sie die Initiative des Senates, den technischen Fehler, der bei der Übertragung entstanden war, zu beheben, denn nur so könne unsere Gemeinschaft die konstitutive Autonomie korrekt und juristisch wasserdicht ausüben. Das zeige übrigens auch den Mehrwert und die Notwendigkeit eines Senates, welcher der Interessensvertreter der Teilstaaten auf föderaler Ebene sei.
Was die DG nun aus dieser Autonomie machen werde, darüber werde derzeit schon im Ausschuss I diskutiert, z.B. in Sachen Unvereinbarkeiten. Dieser Debatte mochte der PFF-Abgeordnete allerdings nicht vorgreifen. Miesen unterstrich jedoch: ohne die konstitutive Autonomie könne das PDG in Bezug auf seine Zusammensetzung keine Unvereinbarkeiten einführen. Mit anderen Worten, wer Unvereinbarkeiten einführen wolle, der müsse auch Befürworter dieser Autonomie sein.
Alexander MIESEN
Gemeinschaftssenator