Unsere Regionalabgeordnete reagiert mit folgendem Schreiben auf Äußerungen des Regionalministers Jean-Claude MARCOURT (PS), welcher geäußert hat, die DG müsse zunächst beweisen, dass sie ‘besser sei als Namur’, bevor die Kompetenz der Raumordnung an sie übertragen werden könne:
« Vorneweg möchte ich darauf hinweisen, dass es hier keineswegs darum geht, die Raumordnungspolitik der Wallonischen Region allgemein an den Pranger zu stellen oder sonstwie schlechtzureden, sondern darum, dass wir in unserer Region (DG) spezifische Situationen haben, die in der Wallonie so nicht gelten und daher angepasste Lösungen erfordern. Wie die bisherige Erfahrung in diesem Bereich gezeigt hat, war/ist dies bei einer zentralistisch aus Namur gesteuerten Raumordnungspolitik nicht möglich. Daher sind wir davon überzeugt, dass wir diese Kompetenz hier vor Ort auf unsere Bedürfnisse angepasst besser ausüben können. »
Folgende Argumente unterstützen diese Sichtweise:
- Die DG hat bereits mehrfach bewiesen, dass sie von anderen Ebenen übertragene (Teil-)Kompetenzen im Sinne der Bürger organisiert/vorbereitet hat und diese auch weiterhin in angemessener Weise und spezifisch auf die Bedürfnisse angepasst ausführt – in den Bereichen Unterrichtswesen, Gesundheit, Gemeindeaufsicht, Kultur, Jugend, und Tourismus. Auch der Bereich Beschäftigung kann demnächst – bei weiterhin reibungslosem Ablauf – dieser Liste hinzugefügt werden.
- Um nun auf die Ist-Situation im Bereich Raumordnung/Urbanismus einzugehen, muss einfach festgestellt werden, dass es in der aktuellen Gesetzgebung der WR zahlreiche Ärger- und Hindernisse gibt (übrigens nicht nur auf DG-Ebene) die die regionale Raumentwicklung bremsen – sei es auf Ebene der Industriezonen und Gewerbeflächen, der kommunalen Raumentwicklung, oder der privaten Bauleute – auch hier einige ganz konkrete und praktische Beispiele:
- die unsinnige Vorschrift für Gemeinden auch im ländlichen Raum, bei neuen Parzellierungen ca. 1/3 « Giebelgemeinschaften » (Reihenhäuser) vorzusehen, aktuell z.B. in den Gemeinden Sankt Vith und Büllingen;
- bei Neubauten einen Dachüberstand von nach Vorschrift offiziell nur 10 cm (!) zuzulassen, was nicht jedem Bauherrn entgegenkommt;
- verhältnismäßig hohe Strafen auch für kleinere Baudelikte, die übrigens nie verjähren;
- die langwierigen Prozeduren und enormen Schwierigkeiten für Gemeinden, Industriezonen so einzurichten und/oder zu erweitern, dass sie immer noch Entscheidungsrecht über ihr Territorium behalten, bzw. man nicht hinterher von anderer Stelle aus über das weitere Schicksal dieser Zone entscheidet;
- noch immer nicht werden alle diesbezüglichen Meldungen, Texte und Internetseiten der WR, die in diesem Zusammenhang nützlich sein können, ins Deutsche übersetzt.
Daneben gibt es aus Sicht der DG aber noch eine Reihe weiterer Argumente für die Übertragung dieser Kompetenz:
- Die Wallonische Raumordnung ist nicht mit der Raumordnung der Nachbarländer abgestimmt. Die Folgen einer verbesserbaren Raumordnungs- und Städtebaupolitik haben hier verheerendere Folgen als anderweitig, da Betriebe viel schneller im Ausland sind als die übrigen Wallonen, auch schon wegen der Sprache.
- Es bestehen zahlreiche Berührungspunkte mit den DG-Befugnissen im Bereich Infrastruktur und Denkmalschutz. Wir können hohe Investitionen beschließen, aber nicht wo und wie diese Gebäude errichtet werden können.
- Die Raumordnung hat einen identitätsfördernden Charakter im Zusammenspiel mit den anderen Zuständigkeiten. Zum Beispiel trägt das « Reglement général sur les bâtisses » vom Herver Land nur bedingt Rechnung mit den kulturellen, geschichtlichen und sozialen Gegebenheiten des Eupener Landes. Die Eifler Baukultur kann auch nicht mit derjenigen der Ardennen verglichen werden.
- Dann gibt es vor allem auch die sprachlichen Aspekte. Es liegt derzeit keine koordinierte Fassung des CWATUPe in deutscher Sprache vor, ebenso wenig die Vielzahl der Erlasse. Durch die zahlreichen Abänderungen ist das fast unmöglich. Zentrale Dienststellen sind einseitig mit französischsprachigem Personal besetzt. Bei Genehmigungsverfahren des PAC (plan d’aménagement concerté) z.B. müssen Studien wegen Vorlage im Gemeinderat in Deutsch geschrieben werden und für die Wallonische Verwaltung ins Französische übersetzt werden. In der Rekurskommission sitzt kein Deutschsprachiger. Im Prinzip müssten alle Mitglieder uns verstehen. Der Minister hat aber auch selbst keinen deutschsprachigen Mitarbeiter, der die Rekurse im Kabinett bearbeitet.
Die Raumordnung ist schließlich das Schlüsselinstrument für eine erfolgreiche Regionalentwicklung – und das sowohl auf sozialer wie auch auf wirtschaftlicher Ebene. Die Raumordnung könnte das Autonomiestatut der DG ergänzen und noch mehr Kohärenz ermöglichen.