Offizielle Eröffnungsrede von Ministerin Isabelle WEYKMANS – Kloster Heidberg am 04.09.2014
Liebe Gäste,
Die Welt führt genauso wenig zur Hölle wie das Kloster zum Paradies. Sagt ein
Sprichwort. Aber wenn schon nicht das Paradies, dann bin ich am heutigen
Tage geneigt zu sagen, wir haben paradiesische Zustände.
Sie sehen, meine Begeisterung über dieses Projekt hält sich nicht in Grenzen.
Das Projekt begeistert, weil das bedeutendste Denkmal der DG erhalten und
instand gesetzt werden konnte und einer Nutzung zugeführt werden konnte,
die von der damaligen Nutzung gar nicht so weit entfernt ist:
Das Kloster bleibt ein Bildungsort. Das Ergebnis dieses aufwendigen Bauprojektes kann sich nicht
nur vor dem Hintergrund des Denkmalschutzes sehen lassen. Ein weiterer
Grund für die Begeisterung wird in Zahlen erst die Zukunft definitiv zeigen ob
diese dann berechtigt ist. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft
des Klosters Heidberg sind hervorragend. Weil das Angebot in Eupen und in
Ostbelgien konkurrenzlos ist. Und, wenn etwas konkurrenzlos ist, dann ist es
auf jeden Fall eine Bereicherung, weil es ein bisher nicht dagewesenes Angebot
in der Region schafft und so neue Aktivität bringt. Ich würde nicht sagen, dass
das Kloster Heidberg eine Nische besetzt, aber das Kloster setzt konsequent auf
seine Möglichkeiten im Rahmen des vorgegeben Umfelds. Das klingt jetzt ein
wenig emotionslos und theoretisch, aber ich werde noch deutlicher werden.
Erlauben Sie mir zunächst einen kurzen Rückblick. Das Kloster ist ein
geschichtsträchtiger Ort und wahrscheinlich wertvollste Baudenkmal
Ostbelgiens.
Das Kloster Heidberg ist das einzige Zeugnis klösterlicher Baukultur des 18. Jh.
in der DG. Nach der aktiven Nonnenklosterzeit wurde das historische Gebäude
als Mädcheninternat genutzt, bis es 1992 aus feuertechnischen Gründen
geschlossen wurde. 2008 übernahm die DG das inzwischen stark verfallene
Gebäude, mit dem Ziel, ein Bildungs- und Begegnungszentrum einzurichten.
Nach dem Brand des Dachstuhls der Kapelle im Juli 2010 wurde die Umsetzung
des Projekts beschleunigt. Die Regierung entschied, das im Laufe der Jahre und
letztlich durch den Brand und die Löscharbeiten stark beschädigte Denkmal in
seiner Gänze zu sanieren, umso weitere Kostenerhöhungen zu vermeiden, die
entstanden wären, hätte man nicht gehandelt. 2012 lagen alle Genehmigungen
vor.
Das Heidbergkloster wurde 1700-1727 von der Ordensgemeinschaft der
Rekollektinnen als Kloster und Bildungsstätte für Mädchen erbaut.
Im Jahr 1698 richteten in Eupen einige Schwestern aus Lüttich eine
Ausbildungsstätte für junge Mädchen ein. Wenig später, im Jahr 1700, wurde
ein Grundstück auf dem Heidberg gekauft und am 23. September fand die
Grundsteinlegung statt. Das Hauptgebäude wurde bereits im Jahre 1702 belegt.
Das Kloster wurde im 18. Jahrhundert in vier Bauphasen erstellt:
– der Nordflügel stammt aus dem Jahr 1701;
– der Ostflügel des Klosters stammt aus dem Jahr 1722;
– der Westflügel des Klosters stammt aus dem Jahr 1727.
Die neugotische Kirche wurde zwischen 1854 und 1856 errichtet, als Südflügel,
anstelle der provisorischen Kapelle, die seit 1724 im Ostflügel untergebracht
war und zur Sakristei umgewandelt wurde.
So viel zur Historie, kommen wir kurz zur jüngeren Vergangenheit.
Für den ehemaligen Eigentümer – die V.o.G. Heidberg– erwies sich der Erhalt
des denkmalgeschützten Gebäudes nicht nur als eine sehr kostenintensive
Aufgabe, es gestaltete sich auch äußerst schwierig, das Gebäude einer neuen
Nutzung zuzuführen. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es die Idee, an diesem
Standort ein Bildungs- und Begegnungszentrum am Standort zu realisieren. Das
hatte 2001 eine Machbarkeitsstudie aufgezeigt. Nachdem die Stadt Eupen das
von der VOG angebotene Gebäude nicht übernehmen wollte, nahm sich die DG
als Denkmalschutzbehörde des Klosters an und hielt an der Konzeptidee zur
Einrichtung eines Bildungs- und Begegnungszentrums am Standort Kloster
Heidberg fest.
Auf diese Weise wurde der bestmögliche Schutz der alten Bausubstanz
gewährleistet. Und so ist in der DG am Standort Eupen direkt neben dem
Bahnhof ein neues touristisches Angebot entstanden.
Nun ist der 4. September 2014 und das Kloster wird seiner Bestimmung
übergeben. Die offizielle Inbetriebnahme des Zentrums, was heißt das?
– Das Kloster Heidberg wird über die DGG Gemeinschaftszentren
betrieben. Das bedeutet, es wird ein nicht bezuschusster Betrieb sein,
der also seine Betriebskosten erwirtschaften muss.
– Es ist eine Gruppenunterkunft speziell als Bildungszentrum mit
Beherbergungsmöglichkeiten ausgerichtet. Dieses Angebot gab es
bislang in der DG nicht! Der Standard sowie das Angebot entspricht
ähnlichen Angeboten im In- und Ausland (Kloster als Bildungszentren)
und reiht sich somit optimal in die Angebotsreihe des Nordens der DG
ein. Ein komplementäres Angebot, ein neues Angebot, das neue Kunden
anzieht und somit neue Aktivität schafft.
– Die Zusammenarbeit wird mit den bestehenden Anbietern und Kräften
der Stadt und der Region aktiv gesucht und gepflegt. Beispiel im Rahmen
des Rates für Stadtmarketing wird diese Zusammenarbeit gar
strukturiert. Oder ebenfalls wird die Bewirtung der Gäste des Klosters,
wie am heutigen Abend mit privaten Anbieter gewährleistet und das
schafft wiederrum Entwicklungsperspektiven für die lokale und
regionale Wirtschaft. Auch ist die Infrastruktur für private Anbieter
nutzbar.
– Diese Investition ist Teil der aktiven Standort- und der
Regionalentwicklungspolitik der DG!
Sehr geehrte Damen und Herren, ich skizziere für Sie gerne noch einmal in aller
Kürze das Resultat:
Das Kloster Heidberg, das sind ab sofort:
– 38 Doppelzimmer (davon 1 behindertengerecht)
– 3 Tagungsräume (30 m², 70 m² und 100 m²)
– eine Kapelle für Tagungen, Aufführungen und Kammerkonzerte
– Ein Atelier für Künstler
– Ein Restaurantraum mit einer Kapazität von 80 Personen
Sehr geehrte Damen und Herren, zu dem architektonischen Konzept, zu
diesem außergewöhnlichen Bauprojekt (beeindruckend so noch nicht da
gewesen….) kann man sagen, dass die Architekten erhaltenswerte Elemente
des Gebäudes so weit wie möglich gewahrt haben und so den Anforderungen
des Denkmalschutzes gerecht geworden sind. Die neuen Elemente wurden
durch eine nüchterne, zeitgenössische Architektur mit Respekt für das
Denkmal integriert.
Im Inneren war eine Kernsanierung erforderlich: Die vorhandenen Böden
entsprachen nicht den neuen technischen Anforderungen in puncto Statik,
Akustik und Wärmedämmung; stellenweise waren größere Schäden durch
Wasser und Hausschwamm entstanden. Einige Beispiele markanter Wahrungen
alter Bausubstanz sind im Klostergang im Erdgeschoss die Wölbungen der
Decken, der Steinboden sowie die Grabplatten. Die Platten lagen früher auf
dem Boden des Klosterganges. Zu diesen Platten zählen die der Gründerinnen
und ersten Oberschwestern des Hauses, de Goër de Herve (1722 und 1737).
Im Dachgeschoss bleibt in den Seminarräumen die sehr schöne und mittlerweile sehr selten gewordene Dachkonstruktion sichtbar – die Holzträger
sowie die Verbretterung.
Und weil wir uns heute in der Kapelle befinden, und sie heute bereits gehört
haben freue ich mich über die Restaurierung der Orgel aus dem Jahr 1862. Sie
werden auch am WE Gelegenheit, haben sie zu erleben. Ich freue mich
ebenfalls, dass wir, Herr Lambertz und ich, Herrn Serge Schoonbroodt haben
gewinnen können, Konservator der Orgel zu sein. Diese regelmäßig zu
bespielen und auch dem Publikum zugänglich zu machen wie an diesem WE.
Ich weiß nicht, ob ich zu viel verrate, wenn ich in diesem Kontext nur sage:
Quattro stagione … Nein, nicht die Pizza … die vier Jahreszeiten, zu jeder
Jahreszeit ein originelles Konzert. Lassen Sie sich überraschen.
Liebe Gäste, Sie kennen das, wenn man in eine neue Wohnung, in ein neues
Haus einzieht, kann die Freude über diesen Einzug von dem ein oder anderen
Mängel, den man entdeckt, schnell ein ganz klein wenig getrübt werden. Auch
beim Kloster Heidberg ist das nicht anders. Bereits ab morgen wird in das
Zentrum mit Leben erfüllt. Unsere Aufgabe wird es sein, den Gästen einen
„himmlischen“ Aufenthalt zu bescheren – zumindest so himmlisch gut, dass sie
wieder in unsere Region kommen das ist unser Ziel!
Bevor ich ihnen die Möglichkeit gebe, das Gebäude zu entdecken und ins
Gespräch zu kommen, möchte ich die Gelegenheit nutzen, danke zu sagen.
Neben den offiziellen Dankesworten an das Parlament, an meine ehemaligen
und aktuellen Kollegen, an die Mitarbeitern aus dem Ministerium, die die
Realisierung dieses bedeutenden Bauprojektes stets unterstützt haben, an die
Architekten und Bauunternehmen, die es umgesetzt haben, ist es mir ein
Herzensanliegen, der Equipe um Werner Baumgarten und Kerstin Cornelis
heute für ihren unermüdlichen Einsatz zu danken. Ich weiß das sehr zu
schätzen und weiß, dass jeder einzelne von euch viel mehr als nur Dienst nach
Vorschrift macht, um diese Herausforderung zu meistern.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend Victor Hugo
zitieren, der sagte: Die Zukunft hat viele Namen: Für Schwache ist sie das
Unerreichbare, für die Furchtsamen das Unbekannte, für die Mutigen die
Chance. Ja, es hat Mut dazu gehört, dieses Projekt durchzuziehen. Jetzt
durchzuziehen! Ich finde, dieser Mut ist belohnt worden. Und deshalb ist es
heute ein schöner Tag.
Isabelle WEYKMANS
Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus
Vize-Ministerpräsidentin