Am Montag wurde in einer Präsidiumssitzung des Senates über dessen Rolle und Zukunft gesprochen. Offensichtlich hat der Senat vor allem die Aufgabe den Austausch zwischen den Gemeinschaften zu koordinieren. Jedoch scheint er über die Jahre an Bedeutung verloren zu haben. – Dies Möglicherweise im Zuge der sich weiter entwickelnden Föderalisierung unseres Landes, zu der nicht zuletzt und vor allem auch die Befugniserweiterung der Gemeinschaften durch Kompetenzübertragungen zählt. Unser Gemeinschaftssenator Alexander Miesen war natürlich ebenfalls vertreten.Im Folgenden ein Bild sowie Artikel aus dem Grenz-Echo, von Mittwoch, den 3. September 2014.
Des Senats vielleicht letzte Runde
Degradiert von einer gleichberechtigten hin zu einer machtlosen „Überlegungskammer“ blickt der Senat, der am Montag in Form einer Präsidiumssitzung seine Arbeit wieder aufgenommen hat, einer ungewissen Zukunft entgegen. „Wenn man es mit dem Verlauf einer Kurve vergleicht, geht es auf den Nullpunkt zu“, erklärt der Politologe Cédric Istasse im Gespräch mit dieser Zeitung.
Cédric Istasse ist 34 Jahre alt und arbeitet für das politische Forschungszentrum CRISP (Centre de recherche d‘informations socio-politiques). Gemeinsam mit Caroline Sägesser, politische Forscherin an der Freien Universität Brüssel (ULB), veröffentlichte er kürzlich eine Arbeit zum geschichtlichen Werdegang des Senats, „Der Senat und seine sukzessiven Reformen“ (Courrier hebdomadaire 2219).
Institution dient zum Austausch zwischen Sprachgemeinschaften.
„Dass der Senat über die Jahre immer unwichtiger geworden ist, ist eine logische Folge der Föderalisierung des Staates“, meint Istasse. „Der Föderalstaat hat immer mehr Befugnisse an die Gemeinschaften und Regionen abgetreten und verfügt selbst über immer weniger Kompetenzen. Dies hat dazu geführt, dass man auch im Parlament weniger Vertreter benötigt.“ Ein gutes Beispiel dafür sei die Entwicklung der Ministerzahlen. „Es gab mal eine Zeit, da zählte das Land 36 Minister, die sogenannten 36 Kerzen. Das war 1973 unter Edmond Leburton. Heute sieht die Verfassung für die Föderalregierung maximal 15 Minister vor, ohne die Staatssekretäre.“
Für den Senat war die sechste Staatsreform besonders hart, da Belgien das Zweikammersystem begraben hat. Nur noch in die Abgeordnetenkammer werden Volksvertreter direkt gewählt. Der Senat ist zu einer Überlegungskammer der Gemeinschaften und Regionen degradiert geworden, die sich vor allem mit der institutionellen Entwicklung beschäftigt.
Politologe Cédric Istasse kann dieser Entwicklung aber etwas Gutes abgewinnen kann. „In den meisten föderalen Ländern können die Gemeinschaften und Regionen den institutionellen Werdegang ihres Landes mitbestimmen. In Belgien ist dem nicht so. Hier werden die Entscheidungen von den Parteien getroffen und dann durch die Parlamente verabschiedet. Um dieses Partizipationsprinzip zu respektieren, hat man den Senat am Leben erhalten und daraus einen Ort des Dialogs der Sprachgemeinschaften gemacht.“
Einfluss hat der Senat aber keinen mehr, die Kontrollfunktion gegenüber der Föderalregierung, obwohl auch diese nur theoretisch ist, übt die Kammer aus. „Ein exklusives Recht hat der Senat wohl noch“, bemerkt Cédric Istasse. „Er hat eine Vermittlungsrolle, wenn es zu Interessenkonflikten zwischen den Parlamenten des Landes kommt. Die Verfassung ist auf diesem Gebiet aber nicht ganz deutlich. Klar ist, dass der Senat nur Vorschläge unterbreitet und nichts entscheiden darf.“
Geregelt ist, auf dem Papier jedenfalls, auch die Anzahl Sitzungen pro Jahr – acht an der Zahl. „Wenn es zu wenig Punkte auf der Tagesordnung gibt, kann eine Sitzung aber auch abgesagt werden. Dafür können außerordentliche Sitzungen einberufen werden, wenn es die Aktualität erfordert.“ Über den Aufgabenbereich beugte sich am vergangenen Montag das provisorische Präsidium des Senats, das erst nach der Bildung einer neuen föderalen Mehrheit definitiv zusammengestellt werden kann. „Der Senat kann sich bestimmter Gesellschaftsthemen annehmen, wofür allerdings Quoten in den Sprachgruppen respektiert werden müssen. Diese Initiativmöglichkeiten sind aber sehr beschränkt.“
Was reizt dann an einem Posten im Senat? Das Gehalt, das von den Teilstaaten getragen wird. So hat der DG-Senator Anrecht auf das gleiche Statut wie ein wallonischer Abgeordneter. In Zahlen, laut Angaben des CRISP, rund 5.700 Euro netto pro Monat (alleinstehend, ohne Kinder, ohne Nebeneinkünfte).
DG-Senator hat Anrecht auf das gleiche Statut wie Senator aus der Region.
Wie das Statut des DG-Senators in Zukunft aussehen wird, darüber wird das Parlament der DG entscheiden. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Das Präsidium beschäftigt sich heute und am 9. September in zwei Sitzungen mit der Reform der Parlamentsarbeit, wozu auch das Statut des Senators gehört. „Es ist auf jeden Fall wichtig, dass im Senat der Brückenschlag zu den anderen Gemeinschaften und der Föderalregierung verstärkt werden kann“, so Alexander Miesen (PFF) gegenüber dieser Zeitung. Der 31-jährige Eifeler wird die DG eine halbe Legislaturperiode im Senat vertreten, danach ersetzt ihn Karl-Heinz Lambertz (SP): „Ich glaube, wir sind eine ideale Ergänzung für die DG. Für mich ist es wichtig, innenpolitischen Background nachzuholen. Ich bleibe aber Vizepräsident des PDG (der DG-Senator sitzt gleichzeitig im Senat und im PDG, A.d.R.) und kann also auch die Politik in der DG weiter mitgestalten.“
Und die Zukunft des Senats? „Das hängt davon ab, wie sehr sich der Senat emanzipieren kann und wie sehr er von den anderen Ebenen eingebunden wird“, analysiert der Brüsseler Politologe Cédric Istasse. „Wenn der Senat wenig zu tun hat, erübrigt sich auch seine Daseinsberechtigung.“